60 Die Kirche, die Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen teilt, ist mit jedem Mann und jeder Frau an jedem Ort und zu jeder Zeit solidarisch und bringt ihnen die frohe Botschaft vom Reich Gottes, das mit Jesus Christus in ihre Mitte gekommen ist und kommt.73 Sie ist in der Menschheit und in der Welt das Sakrament der Liebe Gottes und damit der größten Hoffnung, die jedes echte Projekt und Streben nach menschlicher Befreiung und Entfaltung vorantreibt und stützt. Die Kirche ist unter den Menschen das Zelt der begleitenden Nähe Gottes – „die Wohnung Gottes unter den Menschen“ (Offb 21, 3) –, sodass der Mensch in seinem Bestreben, die Welt menschlicher zu gestalten, nicht allein, verloren oder hilflos ist, sondern in der Erlöserliebe Christi Halt findet. Sie ist Dienerin des Heils, und das nicht im abstrakten oder mehr spirituellen Sinne, sondern im Kontext der Geschichte und der Welt, in der der Mensch lebt,74 wo ihn die Liebe Gottes und die Berufung, dem göttlichen Plan zu entsprechen, erreicht.
61 Jeder Mensch ist in seiner einzigartigen und unwiederholbaren Individualität offen für die Beziehung zu den anderen in der Gesellschaft. Das Zusammenleben im Netz der Verhältnisse, das Individuen, Familien und Gruppen in Begegnung, Kommunikation und im Austausch miteinander verknüpft, gewährleistet eine höhere Lebensqualität. Das Gemeinwohl, das die Menschen durch die Bildung der sozialen Gemeinschaft anstreben und erreichen, ist eine Garantie für das Wohl der Personen, Familien und Vereinigungen.75 Aus diesen Gründen wird die Gesellschaft mit ihren strukturellen, das heißt politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und kulturellen Ordnungen hervorgebracht und gestaltet. Die Kirche wendet sich mit ihrer Soziallehre an den Menschen, „insofern er in das komplexe Beziehungsgeflecht der modernen Gesellschaften eingebunden ist“.76 „Auf Grund ihrer Erfahrung in allem, was den Menschen betrifft“,77 ist sie in der Lage, ihn in seiner Berufung und in seinem Streben, in seiner Begrenztheit und in seiner Unzufriedenheit, in seinen Rechten und in seinen Aufgaben zu verstehen und ein Wort des Lebens für ihn bereitzuhalten, das er in den historischen und sozialen Wechselfällen des menschlichen Daseins zum Klingen bringen kann.
b) Die Gesellschaft mit dem Evangelium fruchtbar machen und durchsäuern
62 Mit ihrer Soziallehre will die Kirche das Evangelium im komplexen Netz der sozialen Beziehungen verkünden und aktualisieren. Es geht nicht einfach darum, den Menschen in der Gesellschaft, den Menschen als Adressaten des zu verkündenden Evangeliums zu erreichen, sondern die Gesellschaft selbst mit dem Evangelium fruchtbar zu machen und zu durchsäuern.78 Sich um den Menschen zu sorgen bedeutet daher für die Kirche, auch die Gesellschaft in ihre missionarischen und heilbringenden Bemühungen einzubeziehen. Oft sind die Lebensqualität und damit die Umstände, in denen jeder Mann und jede Frau sich selbst begreift und über sich und die eigene Berufung entscheidet, durch das soziale Zusammenleben bedingt. Aus diesem Grund steht die Kirche allem, was in der Gesellschaft geschieht, hervorgebracht und gelebt wird, sowie der moralischen, das heißt wahrhaft menschlichen und menschlich machenden Qualität des gesellschaftlichen Lebens nicht gleichgültig gegenüber. Die Gesellschaft und mit ihr die Politik, die Wirtschaft, die Arbeit, die Rechtsordnung und die Kultur sind keine rein säkulare und weltliche Wirklichkeit, für die deshalb die Botschaft und Ökonomie des Heils unbedeutend und fremd wären. Denn die Gesellschaft und alles, was in ihr geschieht, betrifft den Menschen. Sie ist die Gesellschaft von Menschen, die „der erste und grundlegende Weg der Kirche“ sind.79
63 Mit ihrer Soziallehre nimmt die Kirche den Verkündigungsauftrag wahr, den der Herr ihr anvertraut hat. In den historischen Wechselfällen aktualisiert sie die befreiende und erlösende Botschaft Christi, das Evangelium vom Reich. Mit der Verkündigung des Evangeliums „bescheinigt sie dem Menschen im Namen Christi seine Würde und seine Berufung zu personaler Gemeinschaft; sie lehrt ihn die Forderungen der Gerechtigkeit und der Liebe, die der göttlichen Weisheit entsprechen“.80 Als Evangelium, das durch die Kirche im Heute des Menschen widerhallt,81 ist die Soziallehre befreiendes Wort. Das bedeutet, dass sie die Wirksamkeit der Wahrheit und der Gnade des Geistes Gottes besitzt, der die Herzen durchdringt und sie bereit macht, Gedanken und Pläne der Liebe, der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Friedens zu hegen. Das Soziale zu evan- gelisieren heißt also, dem Herzen der Menschen die Sinn gebende und befreiende Dynamik des Evangeliums einzugießen, so dass sie auf eine Gesellschaft hinarbeiten, die Christus und damit dem Menschen wahrhaft angemessen ist: es heißt, eine Stadt des Menschen zu bauen, die menschlicher ist, weil sie dem Reich Gottes mehr entspricht.
64 Mit ihrer Soziallehre entfernt sich die Kirche nicht nur nicht von ihrer eigenen Sendung, sondern ist ihr im strengen Sinne treu. Die von Christus vollbrachte und der heilbringenden Sendung der Kirche anvertraute Erlösung gehört sicherlich der übernatürlichen Ordnung an. Diese Dimension ist aber kein einschränkender, sondern ein umfassender Ausdruck des Heils.82 Das Übernatürliche hat man sich nicht als eine Größe oder einen Raum vorzustellen, der dort beginnt, wo das Natürliche endet, sondern als Erhöhung des Natürlichen, so dass nichts aus der Ordnung der Schöpfung und des Menschlichen der übernatürlichen und theologischen Ordnung des Glaubens und der Gnade fremd oder von ihr ausgeschlossen, sondern vielmehr alles in ihr erkannt, aufgenommen und emporgehoben ist: „In Jesus Christus erhält die sichtbare Welt, die von Gott für den Menschen geschaffen ist (vgl. Gen 1, 26–30) – jene Welt, die mit der Sünde »der Vergänglichkeit unterworfen« wurde (Röm 8, 20; vgl. ibid., 8, 19–22) – erneut ihre ursprüngliche Verbindung mit eben dieser göttlichen Quelle der Weisheit und Liebe zurück. In der Tat, »Gott hat die Welt so geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab« (Joh 3, 16). Wie im Menschen-Adam diese Verbindung zerbrochen ist, so wird sie im Menschen-Christus wiederhergestellt (vgl. Röm 5, 12–21)“.83
65 Die Erlösung beginnt mit der Menschwerdung, durch die sich der Sohn Gottes gemäß der von der Weisheit des Schöpfergottes eingesetzten Solidarität alles Menschliche außer der Sünde zu Eigen macht und in sein Geschenk der Erlöserliebe mit hineinnimmt. Diese Liebe erreicht den Menschen in der Ganzheit seines Seins: körperlich und geistig und in der solidarischen Beziehung zu den anderen. Der ganze Mensch – keine losgelöste Seele und kein in seiner Individualität eingeschlossenes Wesen, sondern die Person und die Gesellschaft der Personen – ist in die Heilsökonomie des Evangeliums miteinbezogen. Als Trägerin der Botschaft des Evangeliums von der Menschwerdung und Erlösung kann die Kirche keinen anderen Weg gehen: mit ihrer Soziallehre und mit der durch diese in Gang gesetzten wirkungsvollen Tätigkeit nimmt sie ihrem Profil und ihrer Sendung nicht nur nichts an Kraft, sondern ist Christus treu und offenbart sich den Menschen als „allumfassendes Heilssakrament“.84 Und dies gilt besonders für eine Epoche wie die unsrige, die von einer zunehmenden wechselseitigen Abhängigkeit und weltumspannenden Relevanz der sozialen Fragen gekennzeichnet ist.
c) Soziallehre, Evangelisierung und menschlicher Fortschritt
66 Die Soziallehre ist wesentlicher Bestandteil des Evangelisierungsauftrags der Kirche. Alles, was die Gemeinschaft der Menschen betrifft – Situationen und Probleme im Kontext der Gerechtigkeit, der Befreiung, der Entwicklung, der Beziehungen zwischen den Völkern, des Friedens – hat auch mit der Evangelisierung zu tun, und diese wäre nicht vollständig, wenn sie die fordernde Wechselbeziehung zwischen dem Evangelium und dem konkreten, persönlichen und sozialen Leben des Menschen nicht berücksichtigen würde.85 Zwischen der Evangelisierung und dem menschlichen Fortschritt gibt es tiefe Verbindungen: „Verbindungen anthropologischer Natur, denn der Mensch, dem die Evangelisierung gilt, ist kein abstraktes Wesen, sondern sozialen und wirtschaftlichen Problemen unterworfen; Verbindungen theologischer Natur, da man ja den Schöpfungsplan nicht vom Erlösungsplan trennen kann, der hineinreicht bis in die ganz konkreten Situationen des Unrechts, das es zu bekämpfen, und der Gerechtigkeit, die es wiederherzustellen gilt. Verbindungen schließlich jener ausgesprochen biblischen Ordnung, nämlich der der Liebe: Wie könnte man in der Tat das neue Gebot verkünden, ohne in der Gerechtigkeit und im wahren Frieden das echte Wachstum des Menschen zu fördern?“.86
67 Der Soziallehre kommt „die Bedeutung eines Instrumentes der Glaubensverkündigung zu“,87 und sie entwickelt sich in der immer neuen Begegnung zwischen der Botschaft des Evangeliums und der menschlichen Geschichte. So gesehen ist diese Lehre für die Kirche ein besonderer Weg, um den Dienst am Wort und ihre prophetische Funktion auszuüben:88 „Die Verkündigung und Verbreitung der Soziallehre gehört wesentlich zum Sendungsauftrag der Glaubensverkündigung der Kirche; sie gehört zur christlichen Botschaft, weil sie deren konkrete Auswirkungen für das Leben in der Gesellschaft vor Augen stellt und damit die tägliche Arbeit und den mit ihr verbundenen Kampf für die Gerechtigkeit in das Zeugnis für Christus, den Erlöser, miteinbezieht“.89 Wir sprechen hier nicht von einem Interesse oder einer Tätigkeit „am Rande“, die zum Auftrag der Kirche hinzukommt, sondern wir haben es mit dem eigentlichen Kern ihres dienenden Charakters zu tun: Mit der Soziallehre verkündet die Kirche „jedem Menschen Gott und das Heilsmysterium in Christus und enthüllt dadurch den Menschen dem Menschen selbst“.90 Hierbei handelt es sich um einen Dienst, der sich nicht nur aus der Verkündigung, sondern auch aus der Zeugenschaft ergibt.
68 Die Kirche kommt ihrer Verantwortung für das Leben in der Gesellschaft nicht unter jedem beliebigen Blickwinkel nach, sondern mit der ihr eigenen Kompetenz der Verkündigung Christi, des Erlösers:91 „Die ihr eigene Sendung, die Christus der Kirche übertragen hat, bezieht sich zwar nicht auf den politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Bereich: das Ziel, das Christus ihr gesetzt hat, gehört ja der religiösen Ordnung an. Doch fließen aus eben dieser religiösen Sendung Auftrag, Licht und Kraft, um der menschlichen Gemeinschaft zu Auf bau und Festigung nach göttlichem Gesetz behilflich zu sein“.92 Das bedeutet, dass sich die Kirche mit ihrer Soziallehre nicht zu technischen Fragen äußert und keine Systeme oder Modelle der sozialen Organisation aufstellt oder vorschlägt:93 das gehört nicht zu der ihr von Christus anvertrauten Sendung. Die Kompetenz der Kirche stammt aus dem Evangelium: der Botschaft von der Befreiung des Menschen, die der Mensch gewordene Sohn Gottes verkündet und bezeugt hat.
d) Recht und Pflicht der Kirche
69 Mit ihrer Soziallehre verfolgt die Kirche den Zweck, „dem Menschen auf dem Weg zu seinem Heil beizustehen“:94 das ist ihr vorrangiges und einziges Ziel. Es gibt keine anderen Absichten – etwa die, die Aufgaben anderer zu ersetzen oder zu übernehmen und dabei die eigenen zu vernachlässigen, oder Pläne zu verfolgen, die nichts mit ihrer Sendung zu tun haben. Diese Sendung besteht in dem Recht und zugleich der Pflicht der Kirche, eine eigene Soziallehre zu erarbeiten und mit ihr in die Gesellschaft und ihre Strukturen einzugreifen, indem sie die Verantwortung und die Aufgaben wahrnimmt, die diese Lehre formuliert hat.
70 Die Kirche hat das Recht, für den Menschen Lehrerin der Glaubenswahrheit zu sein: nicht nur der dogmatischen, sondern auch der moralischen Wahrheit, die aus der Natur des Menschen selbst und aus dem Evangelium entspringt.95 Denn das Wort des Evangeliums soll nicht nur gehört, sondern in die Tat umgesetzt werden (vgl. Mt 7, 24; Lk 6, 46–47; Joh 14, 21.23–24; Jak 1, 22): die Glaubenstreue äußert sich in einem in sich stimmigen Verhalten, das nicht auf das im engeren Sinne kirchliche oder spirituelle Umfeld beschränkt ist, sondern alle Lebens- und Verantwortungsbereiche des Menschen miteinbezieht. Auch wenn diese weltlicher Natur sind, haben sie doch den Menschen zum Gegenstand – und damit den, den Gott durch die Kirche dazu beruft, an seinem Heilsgeschenk teilzuhaben. Auf das Geschenk des Heils soll der Mensch nicht mit einer partiellen, abstrakten oder verbalen Zustimmung, sondern mit seinem ganzen Leben und allen Beziehungen, die es prägen, reagieren und nichts einem profanen und weltlichen, nicht heilsrelevanten oder dem Heil fern stehenden Bereich überlassen. Deshalb ist die Soziallehre für die Kirche kein Privileg, keine Extravaganz, keine besondere Gunst und auch keine Einmischung: es ist ihr Recht, den sozialen Bereich zu evangelisieren, das heißt, dem befreienden Wort des Evangeliums in der vielschichtigen Welt der Produktion, der Arbeit, des Unternehmertums, der Finanzen, des Handels, der Politik, der Rechtsprechung, der Kultur und der sozialen Kommunikation, in der der Mensch lebt, Gehör zu verschaffen.
71 Dieses Recht ist zugleich auch eine Pflicht, auf die die Kirche nicht verzichten kann, ohne sich selbst und ihre Treue zu Christus zu verleugnen: „Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“ (1 Kor 9, 16). Diese Mahnung, die der heilige Paulus an sich selber richtet, hallen im Bewusstsein der Kirche nach und erinnern sie daran, alle Wege der Evangelisierung zu beschreiten; nicht nur die, die sich auf das Gewissen des Einzelnen, sondern auch die, die sich auf die öffentlichen Einrichtungen erstrecken: einerseits wäre eine „Einschränkung der Religiösen auf den rein privaten Bereich“ falsch,96 andererseits kann man die christliche Botschaft nicht auf ein rein überirdisches Heil ausrichten, das nicht in der Lage wäre, die irdische Gegenwart zu erleuchten.97 Aufgrund der öffentlichen Relevanz des Evangeliums und des Glaubens und aufgrund der zerstörerischen Auswirkungen der Ungerechtigkeit, das heißt der Sünde, kann die Kirche den sozialen Angelegenheiten gegenüber nicht gleichgültig bleiben:98 „Der Kirche kommt es zu, immer und überall die sittlichen Grundsätze auch über die soziale Ordnung zu verkündigen wie auch über menschliche Dinge jedweder Art zu urteilen, insoweit die Grundrechte der menschlichen Person oder das Heil der Seelen dies erfordern“.99
II. DAS WESEN DER SOZIALLEHRE
a) Die vom Glauben erleuchtete Erkenntnis
72 Die Soziallehre war nicht von Anfang an als ein organisches System beabsichtigt, sondern hat sich im Lauf der Zeit durch die zahlreichen lehramtlichen Äußerungen zu sozialen Fragen herausgebildet. Diese Entstehungsgeschichte macht die Tatsache verständlich, dass es im Hinblick auf das Wesen, die Methode und die epistemologische Struktur der Soziallehre der Kirche zu einigen Schwankungen hat kommen können. In dieser Hinsicht enthält die Enzyklika „Sollicitudo rei socialis“ eine entscheidende Klarstellung, der ein bedeutsamer Hinweis in „Laborem exercens“100 vorangegangen war: die kirchliche Soziallehre „gehört … nicht in den Bereich der Ideologie, sondern der Theologie, insbesondere der Moraltheologie“.101 Sie lässt sich nicht nach sozioökonomischen Parametern definieren. Sie ist kein ideologisches oder pragmatisches System, das die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Beziehungen festlegen und zusammenfügen soll, sondern eine Kategorie für sich: sie ist „die genaue Formulierung der Ergebnisse einer sorgfältigen Reflexion über die komplexen Wirklichkeiten menschlicher Existenz in der Gesellschaft und auf internationaler Ebene, und dies im Licht des Glaubens und der kirchlichen Überlieferung. Ihr Hauptziel ist es, solche Wirklichkeiten zu deuten, wobei sie prüft, ob diese mit den Grundlinien der Lehre des Evangeliums über den Menschen und seine irdische und zugleich transzendente Berufung übereinstimmen oder nicht, um daraufhin dem Verhalten der Christen eine Orientierung zu geben“.102
73 Daher ist die Soziallehre theologischer und insbesondere moraltheologischer Natur, „weil es sich um eine Lehre handelt, die darauf abzielt, das Verhalten der Personen zu beeinflussen“:103 „Sie liegt im Schnittpunkt des christlichen Lebens und Bewusstseins mit den Situationen der Welt und findet ihren Ausdruck in den Anstrengungen, die einzelne, Familien, im Kultur- und Sozialbereich Tätige, Politiker und Staatsmänner unternehmen, um dem christlichen Leben Gestalt und Anwendung in der Geschichte zu verleihen“.104 In der Tat spiegelt die Soziallehre die drei Ebenen der moraltheologischen Lehre wider: die Begründungsebene der Motivationen; die Richtungsebene der Normen des gesellschaftlichen Lebens; und die Entscheidungsebene des Gewissens, das aufgerufen ist, die objektiven und allgemeinen Normen auf die konkreten und besonderen gesellschaftlichen Situationen zu übertragen. Diese drei Ebenen bestimmen implizit auch die eigene Methode und die spezifische epistemologische Struktur der kirchlichen Soziallehre.
74 Die Soziallehre basiert im Wesentlichen auf der biblischen Offenbarung und der Überlieferung der Kirche. Aus dieser Quelle, die von oben kommt, schöpft sie die Inspiration und das Licht, um die menschliche Erfahrung und die Geschichte zu begreifen, zu beurteilen und zu lenken. Vor und über allem steht der Plan Gottes im Hinblick auf die Schöpfung und insbesondere im Hinblick auf das Leben und das Schicksal des Menschen, der zur trinitarischen Gemeinschaft berufen ist. Der Glaube, der das göttliche Wort annimmt und in die Tat umsetzt, arbeitet wirkungsvoll mit der Vernunft zusammen. Die Intelligenz des Glaubens und vor allem des auf die Praxis hin ausgerichteten Glaubens wird von der Vernunft strukturiert und macht von allen Leistungen Gebrauch, die diese ihr anbietet. Und auch die Soziallehre als ein auf den zufälligen und historischen Charakter der Praxis angewandtes Wissen verbindet „fides et ratio“105 miteinander und ist ein beredter Ausdruck ihrer fruchtbaren Beziehung.
75 Der Glaube und die Vernunft bilden die beiden Erkenntniswege der Soziallehre, die ja aus zwei Quellen schöpft: der Offenbarung und der menschlichen Natur.Die Glaubenserkenntnis versteht und lenkt das Leben des Menschen im Licht des Heilsgeheimnisses in der Geschichte: dass Gott sich uns Menschen in Christus offenbart und schenkt. Diese Intelligenz des Glaubens schließt die Vernunft mit ein, durch die sie, soweit möglich, die geoffenbarte Wahrheit erklärt und versteht. Sie verschmilzt mit der Wahrheit der menschlichen Natur, wie sie im göttlichen Schöpfungsplan zum Ausdruck kommt,106 oder besser mit der umfassenden Wahrheit der Person als eines spirituellen und körperlichen Wesens verschmilzt, das zu Gott, zu den anderen Menschen und zu den anderen Geschöpfen in Beziehung steht.107 Jedoch wird die Rolle der Vernunft durch die zentrale Ausrichtung auf das Geheimnis Christi nicht geschwächt oder ausgeschlossen, sodass die rationale Plausibilität und folglich auch die Allgemeingültigkeit der Soziallehre gewahrt bleiben.Da das Geheimnis Christi das Geheimnis des Menschen erhellt, verleiht die Vernunft dem Verständnis der menschlichen Würde und den zu ihrem Schutz erhobenen moralischen Forderungen die Fülle des Sinns. Die Soziallehre ist ein vom Glauben erleuchtetes Erkennen, das – gerade deshalb – eine größere Erkenntnisfähigkeit zum Ausdruck bringt. Alle Wahrheiten, die sie verkündet, und alle Pflichten, die sich daraus ergeben, entsprechen der Vernunft: Sie können von allen angenommen und geteilt werden.
b) In engem Dialog mit allen Wissensbereichen
76 Die Soziallehre der Kirche nutzt alle kognitiven Beiträge aus sämtlichen Wissensbereichen und verfügt über eine wichtige interdisziplinäre Dimension: „Um in verschiedenen und sich ständig verändernden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bereichen die eine Wahrheit über den Menschen besser zur Geltung zu bringen, tritt diese Lehre mit den verschiedenen Disziplinen, die sich mit dem Menschen befassen, in einen Dialog ein, integriert ihre Beiträge“.108 Die Soziallehre bedient sich der für sie relevanten Beiträge der Philosophie und ebenso der beschreibenden Beiträge der Humanwissenschaften.
77 Wesentlich ist vor allem der Beitrag der Philosophie, der aus der Rückbesinnung auf die menschliche Natur als Quelle und auf die Vernunft als Weg der Erkenntnis hervorgegangen ist, wie sie auch der Glaube fordert. Durch die Vernunft nimmt die Soziallehre die Philosophie in der ihr eigenen inneren Logik oder Argumentationsweise in sich auf. Mit der Aussage, dass die Soziallehre eher der Theologie als der Philosophie zuzuordnen ist, sollen die Rolle und der Beitrag der Philosophie nicht etwa verkannt oder unterbewertet werden. Denn die Philosophie ist ein geeignetes und unverzichtbares Werkzeug im Hinblick auf das richtige Verständnis grundlegender Gehalte der Soziallehre – etwa der Person, der Gesellschaft, der Freiheit, des Bewusstseins, der Ethik, des Rechts, der Justiz, des Gemeinwohls, der Solidarität, der Subsidiarität, des Staates –, und dieses Verständnis wiederum ist geeignet, ein harmonisches Zusammenleben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Und ebenso lässt die Philosophie die rationale Plausibilität der Deutung erkennen, die die Gesellschaft im Licht des Evangeliums erfährt, und drängt jede Intelligenz und jedes Bewusstsein dazu, sich der Wahrheit zu öffnen und ihr zuzustimmen.
78 Ein wichtiger Beitrag zur kirchlichen Soziallehre stammt auch aus den Human- und Sozialwissenschaften:109 aufgrund ihres jeweiligen Anteils an der Wahr- heit ist keine Wissenschaft ausgeschlossen. Die Kirche erkennt alles an und nimmt alles auf, was zum Verständnis des Menschen im ständig zunehmenden, veränderlichen und komplexen Netz der sozialen Beziehungen beiträgt. Sie ist sich der Tatsache bewusst, dass man nicht mit der Theologie allein und ohne die Beiträge vieler Wissensbereiche, auf die die Theologie selbst sich immer wieder bezieht, zu einer tieferen Kenntnis des Menschen gelangt. Durch die aufmerksame und beständige Offenheit für die Wissenschaften wird die Soziallehre kompetent, konkret und aktuell. Dank dieser kann die Kirche den Menschen in der Gesellschaft genauer begreifen, überzeugender zu den Menschen ihrer eigenen Zeit sprechen und ihre Aufgabe wirksamer erfüllen, die darin besteht, dem Wort Gottes und dem Glauben, von dem die Soziallehre ausgeht,110 im Bewusstsein und im sozialen Empfinden unserer Zeit Gestalt zu geben. Ein solcher interdisziplinärer Dialog regt auch die Wissenschaften dazu an, die Bedeutung, den Wert und das Engagement aufzugreifen, die die Soziallehre erschließt, und „sich in einem breiteren Horizont dem Dienst am einzelnen, in seiner vollen Berufung erkannten und geliebten Menschen zu öffnen“.111
c) Ausdruck des Lehramts der Kirche
79 Die Soziallehre stammt von der Kirche, weil die Kirche das Subjekt ist, das sie erarbeitet, verbreitet und lehrt. Sie ist nicht das Vorrecht eines Teils, sondern der ganzen kirchlichen Gemeinschaft: sie ist Ausdruck des Verständnisses, das die Kirche von der Gesellschaft hat, und des Standpunkts, den sie gegenüber ihren Strukturen und Veränderungen einnimmt. Die gesamte kirchliche Gemeinschaft – Priester, Ordensleute und Laien – ist je nach ihren unterschiedlichen Aufgaben, Charismen und Diensten an der Entstehung der Soziallehre beteiligt. Die vielfältigen und vielgestaltigen Beiträge – auch sie Ausdruck des „übernatürlichen Glaubenssinns des ganzen Volkes“112 – werden vom Lehramt aufgenom- men, interpretiert und vereinheitlicht und sodann als Soziallehre der Kirche promulgiert. Das Lehramt steht in der Kirche denjenigen zu, die das „munus docendi“ innehaben, also den Auftrag, mit der von Christus empfangenen Autorität im Bereich des Glaubens und der Moral zu lehren. Die Soziallehre ist nicht nur das Ergebnis des Denkens und Wirkens von Personen, die mit bestimmten Qualifikationen ausgestattet sind, sondern sie ist das Denken der Kirche, insofern es vom Lehramt mit jener Autorität artikuliert wird, die Christus den Aposteln und ihren Nachfolgern verliehen hat: dem Papst und den in Gemeinschaft mit ihm stehenden Bischöfen.113
80 In der Soziallehre der Kirche wird das ganze Lehramt in all seinen Bestandteilen und Ausdrucksformen tätig. An erster Stelle steht das universale Lehramt des Papstes und des Konzils: dieses Lehramt bestimmt die Richtung und Entwicklung der Soziallehre. Es wird durch das Lehramt der Bischöfe ergänzt,das seine Lehre in den konkreten und je eigenen vielfältigen und unterschiedlichen Situationen vor Ort verdeutlicht, übersetzt und aktualisiert.114 Die Soziallehre der Bischöfe enthält wertvolle Beiträge und Anregungen für das Lehramt des Römischen Pontifex. Auf diese Weise vollzieht sich ein Austausch, der die Kollegialität der mit dem Papst vereinten Hirten in der sozialen Lehre der Kirche faktisch zum Ausdruck bringt. Die Gesamtheit der Lehre, die daraus entsteht, umfasst und ergänzt die allgemeine Lehre des Papstes und die besondere der Bischöfe. Als Teil der Sittenlehre der Kirche besitzt die Soziallehre dieselbe Würde und dieselbe Autorität wie diese. Sie ist authentische Lehre, die von den Gläubigen angenommen und befolgt werden soll.115 Das lehramtliche Gewicht der verschiedenen Unterweisungen und die ihnen geschuldete Zustimmung müssen je nach ihrer Eigenart, dem Grad ihrer Unabhängigkeit von zufälligen und veränderlichen Bestandteilen und nach der Häufigkeit bewertet werden, mit der sie herangezogen werden.116
d) Für eine in Gerechtigkeit und Liebe versöhnte Gesellschaft
81 Der Gegenstand der Soziallehre ist im Wesentlichen auch ihre Daseinsberechtigung: der Mensch, der zum Heil berufen und deshalb von Christus der Sorge und Verantwortung der Kirche anvertraut worden ist.117 In ihrer Soziallehre befasst sich die Kirche mit dem menschlichen Leben in der Gesellschaft, und sie tut dies in dem Bewusstsein, dass der Schutz und die Entfaltung der Personen, die das Ziel jeder Gemeinschaft sind, entscheidend von der Qualität des gesellschaftlichen Lebens oder den Beziehungen der Gerechtigkeit und der Liebe abhängen, aus denen dieses gewoben ist. Denn in der Gesellschaft geht es um die Würde und die Rechte der Person und um den Frieden in den Beziehungen zwischen Personen und Personengemeinschaften. Diese Güter muss die soziale Gemeinschaft anstreben und gewährleisten. So gesehen erfüllt die Soziallehre eine Aufgabe der Verkündigung, aber auch der Anklage. Der Verkündigung vor allem dessen, was Eigentum der Kirche ist: „eine umfassende Sicht des Menschen und des Menschentums“,118 und dies nicht nur auf theoretischer, sondern auch auf praktischer Ebene. Denn die Soziallehre bietet nicht nur Bedeutungen, Werte und Urteilskriterien, sondern auch die daraus abgeleiteten Normen und Richtlinien des Handelns.119 Mit dieser Lehre verfolgt die Kirche nicht das Ziel, die Gesellschaft zu strukturieren und zu organisieren, sondern die Gewissen anzuspornen, anzusprechen und zu bilden.
In Gegenwart der Sünde kommt der Soziallehre auch eine Aufgabe der Anklage zu: die Sünde der Ungerechtigkeit und der Gewalt durchzieht die Gesellschaft in vielfältiger Weise und nimmt in ihr Gestalt an.120 Mit dieser Anklage macht sie sich zum Richter und Anwalt der missachteten und verletzten Rechte, insbesondere der Rechte der Armen, der Kleinen und der Schwachen,121 und sie tut dies umso nachdrücklicher, je weiter sich diese Ungerechtigkeiten und Gewalttaten ausbreiten, ganze Gruppen von Personen und große geographische Gebiete der Welt erfassen und soziale Fragen, Unterdrückung und Ungleichgewichte aufkommen lassen, die die Gesellschaften erschüttern. Ein großer Teil der kirchlichen Soziallehre ist von den großen sozialen Fragen ausgelöst und bestimmt, auf die sie eine Antwort der sozialen Gerechtigkeit geben will.
82 Die Zielsetzung der Soziallehre ist religiöser und moralischer Natur.122 Religiös, weil der Evangelisierungs- und Heilsauftrag der Kirche den Menschen „in der vollen Wahrheit seiner Existenz, seines persönlichen und zugleich gemeinschaftsbezogenen und sozialen Seins“123 umfasst. Moralisch, weil die Kirche einen „Humanismus im Vollsinn des Wortes“,124 das heißt die „Befreiung von all dem, von dem der Mensch niedergedrückt wird“,125 und die „umfassende Entwicklung des ganzen Menschen und der ganzen Menschheit“126 anstrebt. Die Soziallehre zeichnet die Wege vor, die gegangen werden müssen, um eine in der Gerechtigkeit und in der Liebe versöhnte und harmonische Gesellschaft zu verwirklichen, die „einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt“ (2Petr 3, 13) als Beginn und Präfiguration in der Geschichte vorwegnimmt.
e) Eine Botschaft für die Söhne und Töchter der Kirche und für die Menschheit
83 Erster Adressat der Soziallehre ist die kirchliche Gemeinschaft in allen ihren Gliedern, weil diese alle in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen müssen. Die Soziallehre ruft das Gewissen dazu auf, die Pflichten der Gerechtigkeit und der Liebe im gesellschaftlichen Leben zu erkennen und zu erfüllen. Diese Lehre ist ein Licht sittlicher Wahrheit, das je nach der Berufung und der Aufgabe eines jeden Christen geeignete Antworten hervorbringt. Die Aufgaben der Evangelisierung, das heißt der Lehre, der Katechese und der Bildung, die sich aus der kirchlichen Soziallehre ergeben, wenden sich an jeden einzelnen Christen seinen jeweiligen Kompetenzen, Charismen, Ämtern und seinem Verkündigungsauftrag entsprechend.127 Die Soziallehre betrifft außerdem Verantwortlichkeiten im Hinblick auf die Errichtung, die Organisation und das Funktionieren der Gesellschaft: politische, wirtschaftliche, verwaltungstechnische, also Verpflichtungen weltlicher Art, die den gläubigen Laien und nicht den Priestern und Ordensleuten obliegen.128 Für diese Aufgaben sind die Laien aufgrund der Weltlichkeit ihres Lebensstatus’ und ihrer Berufung in besonderer Weise zuständig:129 indem sie diese Verantwortung wahrnehmen, setzen die Laien die Soziallehre in die Tat um und erfüllen den weltlichen Sendungsauftrag der Kirche.130
84 Über ihre vorrangige und besondere Bestimmung für die Söhne und Töchter der Kirche hinaus hat die Soziallehre eine universale Bestimmung. Das Licht des Evangeliums, das die Soziallehre in der Gesellschaft verbreitet, erleuchtet alle Menschen, und jedes Bewusstsein und jede Intelligenz ist in der Lage, die menschliche Tiefe der von ihr formulierten Inhalte und Werte und die menschliche und humanisierende Kraft ihrer Handlungsnormen zu ermessen. Und so sind alle im Namen des Menschen, seiner einen und einzigartigen Würde sowie seines Schutzes und seiner Entfaltung in der Gesellschaft, alle im Namen des einen Gottes, der der Schöpfer und das letzte Ziel des Menschen ist, Adressaten der Soziallehre der Kirche.131 Die Soziallehre richtet sich ausdrücklich an alle Menschen guten Willens132 und wird in der Tat gehört von den Mitgliedern der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, den Anhängern anderer religiöser Traditionen und von Personen, die keiner religiösen Gruppe angehören.
f) Im Zeichen von Kontinuität und Erneuerung
85 Da sich die Soziallehre vom ewigen Licht des Evangeliums leiten lässt und die Entwicklung der Gesellschaft beständig im Blick hat, ist sie von Kontinuität und Erneuerung gekennzeichnet.133 Sie weist vor allem die Kontinuität einer Lehre auf, die sich auf universale, aus der Offenbarung und von der menschlichen Natur abgeleitete Werte beruft. Deshalb ist die Soziallehre von den verschiedenen Kulturen, den unterschiedlichen Ideologien, den vielfältigen Meinungen unabhängig: sie ist eine konstante Lehre, die sich „gleich bleibt in ihrer Grundidee, in ihren »Leitprinzipien«, in ihren »Urteilskriterien«, in ihren wesentlichen »Richtlinien für das konkrete Handeln« und vor allem in ihrer lebendigen Verbindung mit der Botschaft des Herrn“.134 In diesem ihrem zentralen und dauerhaften Kern bewegt sich die Soziallehre durch die Geschichte, ohne von ihr beeinflusst zu werden und ohne dass sie Gefahr läuft, sich selbst untreu zu werden. Andererseits bezieht die Soziallehre der Kirche in ihrer beständigen Hinwendung zur Geschichte Stellung zu den Ereignissen, die in dieser geschehen, und legt damit eine Fähigkeit der beständigen Erneuerung an den Tag.Die Festigkeit in den Prinzipien macht aus ihr kein starres Lehrsystem, sondern ein Lehramt, das sich dem Neuen zu öffnen vermag, ohne dadurch seine Identität zu verlieren,135 weil es „die notwendigen und ratsamen Anpassungen erfährt, die vom Wandel der geschichtlichen Bedingungen und vom unaufhörlichen Fluss der Ereignisse nahe gelegt werden, in dem das tägliche Leben der Menschen und Gesellschaften verläuft“.136
86 Die Soziallehre präsentiert sich als eine „Baustelle“, auf der immer gearbeitet wird und wo die ewige Wahrheit das jeweils Neue durchdringt und durchwirkt und Wege der Gerechtigkeit und des Friedens aufzeigt. Der Glaube will die veränderliche soziale und politische Wirklichkeit nicht in ein geschlossenes Schema einsperren.137 Vielmehr trifft das Gegenteil zu: der Glaube ist der Sauerteig des Neuen und der Kreativität. Die beständig aus ihm hervorgehende Lehre „entfaltet sich durch Überlegung und Forschung in ständiger Anwendung auf den ständigen Wechsel der Dinge dieser Welt, alles unter dem Impuls des Evangeliums als einer Quelle der Erneuerung“.138 Als Mutter und Lehrmeisterin ist die Kirche nicht verschlossen und nicht in sich selbst zurückgezogen, sondern immer auf den Menschen hin offen, hingeordnet und ihm zugewandt, dessen Heilsbestimmung ihre Daseinsberechtigung ist. Sie ist unter den Menschen das Bildnis des Guten Hirten, der den Menschen dort sucht und findet, wo er steht, in seiner existentiellen und historischen Lebenssituation. Und hier ermöglicht ihm die Kirche auch die Begegnung mit dem Evangelium, der Botschaft der Befreiung und Versöhnung, der Gerechtigkeit und des Friedens.
III. DIE SOZIALLEHRE IN UNSERER ZEIT: HISTORISCHE HINWEISE
a) Der Beginn eines neuen Weges
87 Der Begriff der Soziallehre geht auf Pius XI. zurück139 und bezeichnet das „Corpus“ der Lehre zu sozial relevanten Themen, die sich seit der Enzyklika „Rerum novarum“ Leos XIII.140 in der Kirche durch das Lehramt der römischen Päpste und der mit ihnen in Gemeinschaft stehenden Bischöfe entwickelt hat.141 Die Sorge um die sozialen Belange hat natürlich nicht erst mit diesem Dokument ihren Anfang genommen, denn die Kirche hat der Gesellschaft nie gleichgültig gegenübergestanden; nichtsdestoweniger ist die Enzyklika „Rerum novarum“ der Ausgangspunkt eines neuen Weges: gestützt auf eine jahrhundertealte Tradition markiert sie einen Neubeginn und eine wesentliche Entwicklung der Lehre im sozialen Bereich.142 In ihrer kontinuierlichen Aufmerksamkeit für den Menschen in der Gesellschaft hat die Kirche auf diese Weise einen reichen Bestand an Lehraussagen angesammelt. Dieser hat seine Wurzeln in der Heiligen Schrift, insbesondere im Evangelium und in den Schriften der Apostel, und er hat unter den Händen der Kirchenväter und der großen Theologen des Mittelalters Form und Gestalt angenommen, bis auf diese Weise eine Lehre entstanden ist, in der sich die Kirche – wenn auch ohne ausdrückliche und direkte Eingriffe von Seiten des Lehramts – nach und nach wiedererkannt hat.
88 Die ökonomischen Ereignisse des 19. Jahrhunderts hatten einschneidende soziale, politische und kulturelle Folgen. Die Geschehnisse im Zusammenhang mit der industriellen Revolution stürzten jahrhundertealte soziale Ordnungen um und warfen schwerwiegende Probleme der Gerechtigkeit sowie die erste große soziale Frage, die Arbeiterfrage, auf, die aus dem Konflikt zwischen Kapital und Arbeit entstand. In dieser Situation erkannte die Kirche die Notwendigkeit, auf neue Weise einzugreifen: die „res novae“, die diese Ereignisse darstellten, waren eine Herausforderung an ihre Lehre und Anlass für eine besondere pastorale Sorge für die breiten Massen von Männern und Frauen. Es bedurfte einer neuen Einschätzung der Situation, die auch für ungewohnte und unerforschte Probleme geeignete Lösungen aufzeigen konnte.
b) Von „Rerum novarum“ bis heute
89 Als Antwort auf die erste große soziale Frage promulgiert Leo XIII. die erste Sozialenzyklika „Rerum novarum“.143 Sie untersucht die Situation der Lohnarbeiter, die damals vor allem für die Arbeiter in den Industriebetrieben erbärmlich ist und sie einem unwürdigen Elend aussetzt. Die Arbeiterfrage wird in ihrer tatsächlichen Tragweite behandelt: sie wird in all ihren sozialen und politischen Ausprägungen untersucht, um sodann im Licht der auf der Offenbarung und dem natürlichen Sittengesetz basierenden Lehrgrundsätze angemessen bewertet zu werden. Die Enzyklika „Rerum novarum“ listet die Irrtümer auf, die die sozialen Missstände hervorrufen, schließt den Sozialismus als Lösungsweg aus und bietet in einer präzisierten und aktualisierten Fassung „die katholische Lehre über die Arbeit (…), über das Eigentumsrecht, über das Prinzip der Zusammenarbeit im Gegensatz zum Klassenkampf als Hauptmittel für die soziale Veränderung, über die Rechte der Schwachen, die Würde der Armen und die Pflichten der Reichen, über die Vervollkommnung der Gerechtigkeit durch die Liebe, endlich über das Recht, Berufsverbände zu gründen“.144 Die Enzyklika „Rerum novarum“ ist zur Quelle der Inspiration und zum Bezugspunkt für die christliche Aktivität im sozialen Bereich geworden.145 Zentrales Thema der Enzyklika ist die Schaffung einer gerechten sozialen Ordnung: hierzu müssen Urteilskriterien gefunden werden, die helfen, die bestehenden soziopolitischen Ordnungen zu bewerten und Handlungsentwürfe für ihre angemessene Umgestaltung vorzulegen.
90 Die Enzyklika „Rerum novarum“ hat in ihrer Auseinandersetzung mit der Arbeiterfrage eine Methode verwendet, die „ein bleibendes Beispiel“ 146 für die nachfolgenden Entwicklungen der Soziallehre geworden ist. Die von Leo XIII. formulierten Grundsätze sind in den darauf folgenden Sozialenzykliken aufgegriffen und vertieft worden. Man könnte die gesamte Soziallehre als Aktualisierung, Vertiefung und Ausweitung des ursprünglichen Kernstücks der in „Rerum novarum“ dargelegten Prinzipien verstehen. Mit diesem mutigen und weitblickenden Text hat Leo XIII. „der Kirche gleichsam das »Statut des Bürgerrechtes« in der wechselvollen Wirklichkeit des öffentlichen Lebens der Menschen und der Staaten“ 147 verliehen und „einen entscheidenden Satz“148 geschrieben, der „zu einem bleibenden Element der Soziallehre der Kirche geworden“149 ist, als er versicherte, dass die großen sozialen Probleme „nur durch die Zusammenarbeit aller Kräfte gelöst werden“ 150 können und hinzufügte: „Was aber die Kirche angeht, so wird diese keinen Augenblick ihre allseitige Hilfe vermissen lassen“.151
91 Anfang der dreißiger Jahre veröffentlicht Pius XI. unter dem Eindruck der schweren Wirtschaftskrise des Jahres 1929 die Enzyklika „Quadragesimo anno“152 zum vierzigjährigen Gedenken an „Rerum novarum“. Der Papst deutet die Vergangenheit im Licht einer sozioökonomischen Situation, in der auf nationaler und internationaler Ebene der Machtzuwachs der Finanzgruppen zur Industrialisierung hinzukommt. In der Nachkriegszeit setzten sich in Europa die totalitären Regime durch, während der Konflikt zwischen den Klassen an Schärfe zunahm. Die Enzyklika weist mahnend auf den fehlenden Respekt vor der Vereinigungsfreiheit hin und hebt erneut die Prinzipien der Solidarität und Zusammenarbeit hervor, um die sozialen Gegensätze zu überwinden. Die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit müssen im Zeichen der Zusammenarbeit stehen.153 Die Enzyklika „Quadragesimo anno“ betont den Grundsatz, dass der Lohn nicht nur den Bedürfnissen des Arbeiters, sondern auch denen seiner Familie angemessen sein muss. In den Beziehungen mit dem Privatbereich muss der Staat das Subsidiaritätsprinzip anwenden, das zu einem festen Bestandteil der Soziallehre werden wird. Die Enzyklika lehnt den Liberalismus im Sinne eines unbegrenzten Wettbewerbs der wirtschaftlichen Kräfte ab, unterstreicht aber die Bedeutung des Privateigentums, auf dessen gesellschaftliche Funktion sie sich bezieht. In einer Gesellschaft, die von den wirtschaftlichen Grundlagen her wieder aufgebaut werden muss und die selbst als Ganzes „die Frage“ ist, der man sich zu stellen hat, „sah es Pius XI. als seine Pflicht und Verantwortung an, eine größere Kenntnis, eine genauere Interpretation und eine dringliche Anwendung des moralischen Gesetzes als Regulativ der menschlichen Beziehungen in jenem Bereich anzuregen. Damit sollte der Klassenkampf überwunden und eine neue Sozialordnung, auf Gerechtigkeit und Liebe beruhend, erreicht werden“.154
92 Pius XI. versäumte es nicht, seine Stimme gegen die totalitären Regime zu erheben, die während seines Pontifikats in Europa an die Macht gelangten. Schon am 29. Juni 1931 hatte er mit der Enzyklika „Non abbiamo bisogno“ 155 gegen die Übergriffe des faschistischen Regimes in Italien protestiert. 1937 veröffentlichte er die Enzyklika „Mit brennender Sorge“156 zur Situation der katholischen Kirche im Dritten Reich. Der Text wurde von den Kanzeln aller katholischen Kirchen Deutschlands verlesen, nachdem er unter größter Geheimhaltung verbreitet worden war. Die Enzyklika erschien nach Jahren der Unterdrückung und Gewalt und nachdem die deutschen Bischöfe Pius XI. ausdrücklich darum gebeten hatten, weil das Reich vor allem den Jugendlichen gegenüber, die dazu verpflichtet wurden, der „Hitlerjugend“ beizutreten, seit 1936 immer repressivere Maßnahmen anwandte. Der Papst wendet sich an die Priester, Ordensleute und Laien, um ihnen Mut zu machen und sie zum Widerstand aufzurufen, solange noch kein echter Friede zwischen Kirche und Staat geschlossen sei. 1938 sagte der Papst angesichts des sich ausbreitenden Antisemitismus: „Wir sind Semiten im Geist“.157 Mit der Enzyklika „Divini Redemptoris“158 über den atheistischen Kommunismus und die christliche Soziallehre legte Pius XI. eine systematische Kritik des Kommunismus vor, der als „in sich verdorben“159 definiert wird, und nannte als wichtigste Mittel zur Heilung der von diesem verursachten Übel die Erneuerung des christlichen Lebens, die Übung der Nächstenliebe des Evangeliums, die auf das Gemeinwohl ausgerichtete Erfüllung der Gerechtigkeitspflichten auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene sowie die Institutionalisierung von beruflichen und berufsübergreifenden Körperschaften.
93 Die weihnachtlichen Rundfunkbotschaften Pius XII.160 vertiefen in Verbindung mit anderen wichtigen Stellungnahmen zu sozialen Themen die lehramtlichen Überlegungen zu einer neuen, von Moral und Recht bestimmten und auf Gerechtigkeit und Frieden ausgerichteten Gesellschaftsordnung. Das Pontifikat Pius’ XII. fiel in die furchtbaren Jahre des Zweiten Weltkriegs und in die schwierige Zeit des Wiederauf baus. Er veröffentlichte keine Sozialenzykliken, verlieh aber immer wieder in unzähligen Zusammenhängen seiner Sorgen um die erschütterte internationale Ordnung Ausdruck: „In den Kriegs- und Nachkriegsjahren war das soziale Lehramt Pius’ XII. für viele Völker aller Kontinente und für Millionen Gläubige und Nichtgläubige die Stimme des Weltgewissens, interpretiert und verkündet in inniger Verbundenheit mit dem Wort Gottes. Mit seiner moralischen Autorität und seinem Ansehen brachte Pius XII. zahllosen Menschen jeglicher Art und sozialen Stellung das Licht der christlichen Weisheit“.161 Einer der charakteristischen Züge der Stellungnahmen Pius’ XII. liegt in der Betonung der Beziehung zwischen Moral und Recht. Der Papst besteht auf dem Begriff des Naturrechts als der Seele der auf nationaler wie internationaler Ebene zu errichtenden Ordnung. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Lehre Pius’ XII. ist seine Aufmerksamkeit für die Berufs- und Unternehmerstände, die in besonderer Weise dazu berufen sind, miteinander um die Verwirklichung des Gemeinwohls zu wetteifern: „Aufgrund der Sensibilität und Intelligenz, mit der er die »Zeichen der Zeit« erfasste, kann Pius XII. sich als unmittelbaren Vorläufer des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Soziallehre seiner Nachfolger im Papstamt betrachten“.162
94 Die sechziger Jahre eröffnen viel versprechende Horizonte: die Erholung nach den Verwüstungen des Krieges, der Beginn der Entkolonialisierung, die ersten zaghaften Signale einer Erwärmung der Beziehungen zwischen den beiden Blöcken, dem amerikanischen und dem sowjetischen. In diesem Klima deutet der selige Johannes XXIII. mit großem Scharfblick die „Zeichen der Zeit“.163 Die soziale Frage erlangt universale Bedeutung und betrifft alle Länder: neben der Arbeiterfrage und der industriellen Revolution zeichnen sich die Probleme der Landwirtschaft, der in der Entwicklung begriffenen Gebiete, des Bevölkerungswachstums und einer notwendigen weltweiten wirtschaftlichen Zusammenarbeit ab. Die zuvor innerhalb der einzelnen Nationen empfundenen Ungleichheiten treten nun auf internationaler Ebene auf und enthüllen mit immer größerer Klarheit die dramatische Situation der Dritten Welt. In der Enzyklika „Mater et magistra“164 verfolgt Johannes XXIII. das Ziel, „die schon bekannten Dokumente auf den neuesten Stand zu bringen und einen weiteren Schritt vorwärts zu tun, um die ganze christliche Gemeinschaft noch mehr darin einzubeziehen“.165 Die Schlüsselbegriffe der Enzyklika sind Gemeinschaft und Sozialisation:166 die Kirche ist berufen, in der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Liebe mit allen Menschen zusammenzuarbeiten, um eine echte Gemeinschaft zu schaffen. Auf diesem Weg wird sich das wirtschaftliche Wachstum nicht darauf beschränken, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, sondern wird außerdem ihre Würde fördern können.
95 Mit der Enzyklika „Pacem in terris“167 macht Johannes XXIII. in einer Zeit der nuklearen Aufrüstung den Frieden zum zentralen Thema. „Pacem in terris“ enthält darüber hinaus eine erste, vertiefte Reflexion der Kirche über die Rechte: sie ist die Enzyklika des Friedens und der Menschenwürde. Sie setzt die Ausführungen von „Mater et magistra“ fort und ergänzt sie, und sie folgt der von Leo XIII. eingeschlagenen Richtung, indem sie unterstreicht, wie wichtig es ist, dass alle zusammenarbeiten: zum ersten Mal richtet sich ein Dokument der Kirche auch „an alle Menschen guten Willens“168, denen „eine große Aufgabe gestellt“ ist: „die Beziehungen des Zusammenlebens in der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Liebe und der Freiheit neu zu knüpfen“.169 Die Enzyklika „Pacem in terris“ befasst sich auch mit den öffentlichen Gewalten der Weltgemeinschaft, die dazu aufgerufen sind, „jene Fragen zu behandeln und zu entscheiden, die sich bezüglich des universalen Gemeinwohls stellen, und zwar in wirtschaftlicher, sozialer und politischer wie auch in kultureller Hinsicht“.170 Zum zehnten Jahrestag von „Pacem in terris“ sandte Kardinal Maurice Roy, der Vorsitzende der Päpstlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, einen Brief an Paul VI., dem er ein Dokument mit einer Reihe von Überlegungen darüber beifügte, ob die Lehre der Enzyklika Johannes’ XXIII. geeignet sei, ein helleres Licht auf die in Bezug auf die Förderung des Friedens neu entstande- nen Probleme zu werfen.171
96 Die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“172 des Zweiten Vatikanischen Konzils stellt eine bedeutsame Antwort der Kirche auf die Erwartungen der heutigen Welt dar. In dieser Konstitution spiegelt sich „in Einklang mit der ekklesiologischen Erneuerung ein neues Bewusstsein von Glaubensgemeinschaft und Volk-Gottes-Sein. Die Pastoralkonstitution hat daher neues Interesse geweckt für die in den vorausgehenden Dokumenten enthaltene Lehre über das Zeugnis und das Leben der Christen als authentische Wege, um die Gegenwart Gottes in der Welt sichtbar zu machen“.173 Die Konstitution „Gaudium et spes“ zeichnet das Bild einer Kirche, die „sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden“ fühlt,174 die mit der gesamten Menschheit unterwegs und demselben irdischen Schicksal unterworfen ist wie die Welt, zugleich aber „gewisserma- ßen der Sauerteig und die Seele der in Christus zu erneuernden und in die Familie Gottes umzugestaltenden menschlichen Gesellschaft“ ist.175 „Gaudium et spes“ setzt sich im Licht der christlichen Anthropologie und der Sendung der Kirche in organischer Weise mit den Themen der Kultur, des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, der Ehe und Familie, der politischen Gemeinschaft, des Friedens und der Völkergemeinschaft auseinander. Alles wird von der Person her und auf die Person hin gedeutet: „auf Erden die einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte Kreatur“.176 Die Gesellschaft, ihre Strukturen und ihre Entwicklung müssen auf den „Fortschritt der menschlichen Person“ ausgerichtet sein.177 Zum ersten Mal äußert sich das Lehramt der Kirche auf seiner höchsten Ebene in so ausführlicher Weise über die verschiedenen zeitlichen Aspekte des christlichen Lebens: „Man muss erkennen, dass die Aufmerksamkeit, die die Konstitution den sozialen, psychologischen, politischen, wirtschaftlichen, sittlichen und religiösen Veränderungen widmete, … die pastorale Besorgnis der Kirche für die Probleme der Menschen und für den Dialog mit der Welt geweckt hat“.178
97 Ein weiteres im „Corpus“ der kirchlichen Soziallehre sehr bedeutendes Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils ist die Erklärung „Dignitatis humanae“,179 in der das Recht auf Religionsfreiheit verkündet wird. Das Dokument behandelt dieses Thema in zwei Kapiteln. Im ersten, das eher allgemein gehalten ist, wird erklärt, dass das Recht auf religiöse Freiheit auf der Würde der menschlichen Person basiert und als Bürgerrecht in der Rechtsordnung der Gesellschaft verankert sein muss. Das zweite Kapitel setzt sich im Licht der Offenbarung mit dem Thema auseinander und erläutert die seelsorgerischen Konsequenzen, wobei es darauf hinweist, dass es sich um ein Recht handelt, das nicht nur die einzelnen Personen, sondern auch die verschiedenen Gemeinschaften betrifft.
98 „Entwicklung“ ist „der neue Name für Friede“,180 schreibt Paul VI. in der Enzyklika „Populorum progressio“,181 die als eine Erweiterung des Kapitels der Konstitution „Gaudium et spes“ über das ökonomisch-soziale Leben angesehen werden kann, wobei sie allerdings auf einige bedeutsame neue Erkenntnisse hinweist. Im Besonderen legt das Dokument die Grundlinien für eine umfassende Entwicklung des Menschen und eine solidarische Entwicklung der Menschheit fest: „zwei Themenbereiche, die man als Achsen ansehen kann, um die herum das Gewebe der Enzyklika strukturiert ist. Der Papst will die Adressaten von der Dringlichkeit einer gemeinsamen Aktion überzeugen. Er will unter Fortschritt »den Übergang von wenig humanen Lebensbedingungen zu humaneren« verstanden wissen und nennt ihre Eigenschaften“.182 Dieser Weg wird nicht nur in seinen rein wirtschaftlichen und technischen Dimensionen beschrieben, sondern setzt für jede Person den Erwerb von Kultur, den Respekt vor der Würde der anderen sowie „die Anerkennung letzter Werte von Seiten des Menschen und die Anerkennung Gottes, ihrer Quelle und ihres Zieles“ voraus.183 Die Entwicklung zugunsten aller entspricht der Forderung nach einer weltweiten Gerechtigkeit, die einen universalen Frieden garantiert und einen von spirituellen Werten gelenkten „Humanismus im Vollsinn des Wortes“184 ermöglicht.
99 Mit dieser Zielsetzung richtet Paul VI. 1967 die Päpstliche Kommission „Iustitia et Pax“ ein und folgt damit dem Votum der Konzilsväter, die es „für sehr zweckmäßig“ gehalten hatten, „ein Organ der Gesamtkirche zu schaffen, um die Gerechtigkeit und Liebe Christi den Armen in aller Welt zuteil werden zu lassen. Seine Aufgabe soll es sein, die Gemeinschaft der Katholiken immer wieder anzuregen, den Aufstieg der Not leidenden Gebiete und die soziale Gerechtigkeit unter den Völkern zu fördern“.185 Der Weltfriedenstag, der seit 1968 am ersten Tag eines jeden Jahres von der Kirche begangen wird, geht ebenfalls auf eine Initiative Pauls VI. zurück. Derselbe Pontifex führt auch die Tradition der Botschaften ein, die sich mit dem jeweils für den Weltfriedenstag gewählten Thema auseinandersetzen und so das „Corpus“ der Soziallehre vergrößern.
100 Zu Beginn der siebziger Jahre greift Paul VI. in einem turbulenten Klima stark ideologisch gefärbter Proteste mit dem apostolischen Schreiben „Octogesima adveniens“186 zum achtzigsten Jahrestag der Enzyklika „Rerum novarum“ die Soziallehre Leos XIII. wieder auf und aktualisiert sie. Der Papst reflektiert über die postindustrielle Gesellschaft mit all ihren komplexen Problemen und stellt die mangelnde Fähigkeit der Ideologien heraus, auf diese Herausforderungen zu reagieren: die Urbanisierung, die Situation der Jugendlichen, die Lage der Frau, die Arbeitslosigkeit, die Diskriminierungen, die Emigration, das Bevölkerungswachstum, den Einfluss der sozialen Kommunikationsmittel, die Umweltproblematik.
101 Neunzig Jahre nach „Rerum novarum“ widmet Johannes Paul II. die Enzyklika „Laborem exercens“ 187 der Arbeit als grundlegendem Gut der Person, vorrangigem Faktor der wirtschaftlichen Aktivität und als Schlüssel zur sozialen Frage in ihrer Gesamtheit. „Laborem exercens“ zeichnet eine Spiritualität und eine Ethik der Arbeit und stellt diese in den Kontext einer profunden theologischen und philosophischen Reflexion. Die Arbeit darf nicht nur im objektiven und materiellen Sinn verstanden, sondern muss als eine Aktivität, die Ausdruck der Person ist, auch in ihrer subjektiven Dimension gebührend berücksichtigt werden. Die Arbeit ist nicht nur ein entscheidendes Paradigma des sozialen Lebens, sie besitzt darüber hinaus die ganze Würde eines Umfelds, in dem sich die natürliche und übernatürliche Berufung der Person verwirklichen muss.
102 Mit der Enzyklika „Sollicitudo rei socialis“ 188 gedenkt Johannes Paul II. des zwanzigsten Jahrestags von „Populorum progressio“ und setzt sich erneut mit dem Thema der Entwicklung auseinander, wobei ihn vor allem zwei Leitgedanken beschäftigen: „einerseits die dramatische Lage der heutigen Welt unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Entwicklung in der Dritten Welt, und andererseits der Sinn, die Bedingungen und die Erfordernisse eines menschenwürdigen Fortschritts“.189 Die Enzyklika unterscheidet zwischen Fortschritt und Entwicklung und bekräftigt, dass „der echte Fortschritt sich nicht darauf beschränken kann, Güter und Dienstleistungen bei den Besitzenden zu vermehren, sondern dass er zum vollen »Sein« des Menschen beitragen muss. Auf diese Weise tritt die sittliche Natur des echten Fortschritts klar hervor“.190 Unter Anspielung auf den Leitspruch des Pontifikats Pius’ XII., „Opus iustitiae pax“, der Friede ist das Werk der Gerechtigkeit, schreibt er: „Heute könnte man mit derselben Genauigkeit und der gleichen Kraft biblischer Inspiration (vgl. Jes 32, 17; Jak 3, 18) sagen: Opus solidaritatis pax – Friede, die Frucht der Solidarität“.191
103 Zum hundertsten Jahrestag von „Rerum novarum“ veröffentlicht Johannes Paul II. seine dritte Sozialenzyklika, „Centesimus annus“,192 an der die Kontinuität des hundertjährigen sozialen Lehramts der Kirche erkennbar wird. Mit Bezug auf eines der grundlegenden Prinzipien des christlichen Verständnisses von sozialer und politischer Organisation, das das zentrale Thema der vorangegangenen Enzyklika gewesen war, schreibt der Papst: „Das Prinzip, das wir heute Solidaritätsprinzip nennen (…) wird von Leo XIII. mehrmals unter dem Namen »Freundschaft« angeführt (…). Von Pius XI. wird es mit dem nicht weniger bedeutungsvollen Namen »soziale Liebe« bezeichnet. Paul VI. hat den Begriff mit den heutigen vielfältigen Dimensionen der sozialen Frage erweitert und von »Zivilisation der Liebe« gesprochen“.193 Johannes Paul II. macht deutlich, wie die Soziallehre der Kirche entlang der Achse der wechselseitigen Beziehung zwischen Gott und dem Menschen verläuft: Gott in jedem Menschen und jeden Menschen in Gott zu erkennen ist die Voraussetzung für eine echte menschliche Entwicklung. Die klar strukturierte und eingehende Analyse der „res novae“ und insbesondere der großen Wende von 1989 mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Systems beinhaltet eine Würdigung der Demokratie und der freien Marktwirtschaft im Rahmen einer unverzichtbaren Solidarität.
c) Vom Evangelium erleuchtet und angespornt
104 Die hier erwähnten Dokumente sind die Meilensteine auf dem Weg, den die kirchliche Soziallehre von den Zeiten Leos XIII. bis in unsere Tage zurückgelegt hat. Dieser knappe Überblick würde sehr viel länger ausfallen, wenn man auch alle diejenigen Stellungnahmen berücksichtigen wollte, die über ein spezielles Thema hinaus von der pastoralen Sorge bestimmt gewesen sind, „der christlichen Gemeinschaft und allen Menschen guten Willens die Grundprinzipien, die allgemeinen Kriterien und die Richtlinien vorzulegen, die dazu geeignet sind, eine gute Entscheidung zu treffen und der konkreten Situation entsprechend zu handeln“.194 Die Ausarbeitung und Verkündigung der Soziallehre war und ist nicht theoretisch, sondern seelsorgerisch motiviert, weil die Kirche sich mit den Auswirkungen der sozialen Veränderungen auf die einzelnen Menschen, auf die große Zahl der Männer und Frauen und auf deren Würde befassen muss, und das in einem Kontext, in welchem man „unverdrossen nach einer vollkommeneren Ordnung im irdischen Bereich [strebt], aber das geistliche Wachstum (…) damit nicht gleichen Schritt“ hält.195 Aus diesen Gründen hat sich die Soziallehre herausgebildet, „ein zeitgemäßes Lehrgebäude (…), das sich in dem Maße entwickelt, wie die Kirche aus der Fülle der von Jesus Christus offenbarten Wahrheit und mit dem Beistand des Heiligen Geistes (vgl. Joh 14, 16.26; 16, 13–15) die Ereignisse deutet, die sich im Verlauf der Geschichte zutragen“.196
73 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 1: AAS 58 (1966) 1025–1026. 74 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 40: AAS 58 (1966) 1057–1059;
Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 53–54: AAS 83 (1991) 859–860;
Id., Enz. Sollicitudo rei socialis, 1: AAS 80 (1988) 513–514. 75 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 32: AAS 58 (1966) 1051. 76 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 54: AAS 83 (1991) 859. 77 Paul VI., Enz. Populorum progressio, 13: AAS 59 (1967) 263. 78 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 40: AAS 58 (1966) 1057–1059. 79 Johannes Paul II., Enz. Redemptor hominis, 14: AAS 71 (1979) 284. 80 Katechismus der Katholischen Kirche,2419. 81 Vgl. Johannes Paul II., Predigt bei der Eucharistiefeier am Pfingstsonntag zum Abschluss
der „Rerum novarum“-Feiern (19. Mai 1991): AAS 84 (1992) 282. 82 Vgl. Paul VI., Ap. Schr. Evangelii nuntiandi, 9. 30: AAS 68 (1976) 10–11. 25–26;
Johannes Paul II., Ansprache auf der Dritten Allgemeinen Konferenz der Lateinamerikani-
schen Bischöfe, Puebla (28. Januar 1979), III/4–7: AAS 71 (1979) 199–204;
Kongregation für die Glaubenslehre, Instr. Libertatis conscientia, 63–64. 80: AAS 79 (1987)581–582. 590–591. 83 Johannes Paul II., Enz. Redemptor hominis, 8: AAS 71 (1979) 270. 84 II. Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, 48: AAS 57 (1965) 53. 85 Vgl. Paul VI., Ap. Schr. Evangelii nuntiandi, 29: AAS 68 (1976) 25. 86 Paul VI., Ap. Schr. Evangelii nuntiandi, 31: AAS 68 (1976) 26. 87 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 54: AAS 83 (1991) 860. 88 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 41: AAS 80 (1988) 570–572. 89 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 5: AAS 83 (1991) 799. 90 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 54: AAS 83 (1991) 860. 91 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2420. 92 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 42: AAS 58 (1966) 1060. 93 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 41: AAS 80 (1988) 570–572. 94 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 54: AAS 83 (1991) 860. 95 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erkl. Dignitatis humanae, 14: AAS 58 (1966) 940;
Johannes Paul II., Enz. Veritatis splendor, 27. 64. 110: AAS 85 (1993) 1154–1155. 1183–1184. 1219–1220. 96 Johannes Paul II., Botschaft zum 30. Jahrestag der Verabschiedung der UN-Erklärung über die
Menschenrechte am 10. Dezember (2. Dezember 1978): Insegnamenti di Giovanni Pao- lo II, I (1978) 261. 97 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 5: AAS 83 (1991) 799. 98 Vgl. Paul VI., Ap. Schr. Evangelii nuntiandi,34: AAS 68(1976) 28. 99 CIC, can. 747, § 2. 100 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Laborem exercens, 3: AAS 73 (1981) 583–584. 101 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 41: AAS 80 (1988) 571. 102 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 41: AAS 80 (1988) 571. 103 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 41: AAS 80 (1988) 572. 104 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 59: AAS 83 (1991) 864–865. 105 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Fides et ratio: AAS 91 (1999) 5–88. 106 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erkl. Dignitatis humanae, 14: AAS 58 (1966) 940. 107 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Veritatis splendor, 13. 50. 79: AAS 85 (1993) 1143–1144. 1173–1174. 1197. 108 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 59: AAS 83 (1991) 864. 109 In diesem Zusammenhang ist die Einrichtung der Päpstlichen Akademie für Sozi-.
alwissenschaften von Bedeutung; in dem anlässlich ihrer Errichtung herausgegebenen.
Motu proprio heißt es: „Die sozialwissenschaftlichen Forschungen können wirksam zur.
Verbesserung der menschlichen Beziehungen beitragen, wie die auf den verschiedenen.
Gebieten des Zusammenlebens erreichten Fortschritte zeigen, vor allem in unserem.
Jahrhundert, das bald zu Ende geht. Aus diesem Grund hat sich die Kirche, immer auf.
das wahre Wohl des Menschen bedacht, mit wachsendem Interesse diesem Bereich der.
wissenschaftlichen Forschung zugewandt, um so konkrete Hinweise für die Erfüllung.
ihrer Lehraufgaben zu erhalten“: Johannes Paul II., Motu proprio Socialium Scientia-.
rum (1. Januar 1994): AAS 86 (1994) 209. 110 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 54: AAS 83 (1991) 860. 111 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 59: AAS 83 (1991) 864. 112 II. Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, 12: AAS 57 (1965) 16. 113 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche,2034. 114 Vgl. Paul VI., Ap. Schr. Octogesima adveniens, 3–5: AAS 63 (1971) 402–405. 115 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche,2037. 116 Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Instr. Donum veritatis,16–17. 23:
AAS 82 (1990) 1557–1558. 1559–1560. 117 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 53: AAS 83 (1991) 859. 118 PaulVI., Enz. Populorum progressio,13: AAS 59 (1967)264. 119 Vgl. Paul VI., Ap. Schr. Octogesima adveniens, 4: AAS 63 (1971) 403–404;
Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 41: AAS 80 (1988) 570–572;
Katechismus der Katholischen Kirche, 2423; Kongregation für die Glaubenslehre, Instr. Libertatis conscien-
tia,72: AAS79(1987)586. 120 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 25: AAS 58 (1966) 1045–1046. 121 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 76: AAS 58 (1966) 1099–1100;
Pius XII., Rundfunkbotschaft zur 50-Jahrfeier des Rundschreibens „Rerum novarum“: AAS 33 (1941) 196–197. 122 Vgl. Pius XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 190; Pius XII., Rundfunkbot-
schaft zur 50-Jahrfeier des Rundschreibens „Rerum novarum“: AAS 33 (1941) 196–197;
II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 42: AAS 58 (1966) 1079;
Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 41: AAS 80 (1988) 570–572;
Id., Enz. Centesimus annus, 53: AAS 83 (1991) 859;
Kongregation für die Glaubenslehre, Instr. Libertatis conscientia,72: AAS 79 (1987) 585–586. 123 Johannes Paul II., Enz. Redemptor hominis, 14: AAS 71 (1979) 284;
vgl. Id., Ansprache auf der Dritten Allgemeinen Konferenz der Lateinamerikanischen Bischöfe,
Puebla(28. Januar 1979), III/2: AAS 71 (1979) 199. 124 Paul VI., Enz. Populorum progressio, 42: AAS 59 (1967) 278. 125 Paul VI., Ap. Schr. Evangelii nuntiandi, 9: AAS 68 (1976) 10. 126 Paul VI., Enz. Populorum progressio, 42: AAS 59 (1967) 278. 127 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche,2039. 128 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2442. 129 Vgl. Johannes Paul II., Ap. Schr. Christifideles laici, 15: AAS 81 (1989) 413;
II. Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, 31: AAS 57 (1965) 37. 130 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 43: AAS 58 (1966) 1061–1064;
Paul VI., Enz. Populorum progressio, 81: AAS 59 (1967) 296–297. 131 Vgl. Johannes XXIII., Enz. Mater et magistra, AAS 53 (1961) 453. 132 Hierauf wird seit der Enzyklika Johannes’ XXIII. Pacem in terris in den Grußworten aller
sozialen Dokumente hingewiesen. 133 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 3: AAS 80 (1988) 515;
Pius XII.,Ansprache an die Teilnehmer der Versammlung der Katholischen Aktion (29. April 1945):
Discorsi e Radiomessaggi di Pio XII,VII,37–38;
Johannes Paul II., Ansprache beim Internationalen Symposion „Von »Rerum novarum« zu
»Laborem exercens«: in Richtung auf das Jahr 2000“ (3. April 1982): Insegnamenti di
Giovanni Paolo II, V, 1 (1982) 1095–1096. 134 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 3: AAS 80 (1988) 515. 135 Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Instr. Libertatis conscientia, 72: AAS 79 (1987) 585–586. 136 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 3: AAS 80 (1988) 515. 137 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 46 AAS 83 (1991) 850–851. 138 Paul >VI., Ap. Schr. Octogesima adveniens, 42: AAS 63 (1971) 431. 139 Vgl. Pius XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 179; Pius XII. spricht in der
Rundfunkbotschaft zur 50-Jahrfeier des Rundschreibens „Rerum novarum“: AAS 33 (1941) 197,
von der „katholischen Soziallehre“, und im Ap. Schr. Menti nostrae vom 23. September
1950: AAS 42 (1950) 657, von der „Soziallehre der Kirche“. Johannes XXIII. verwen-
det die Begriffe „Soziallehre der Kirche“ (Enz. Mater et magistra: AAS 53 [1961] 453; Enz.
Pacem in terris: AAS 55 [1963] 300–301), „christliche Soziallehre“ (Enz. Mater et magistra:
AAS 53 [1961] 453) oder auch „katholische Soziallehre“ (Enz. Mater et magistra:AAS 53
[1961] 454). 140 Vgl. Leo XIII., Enz. Rerum novarum: Acta Leonis XIII, 11 (1892) 97–144. 141 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Laborem exercens, 3: AAS 73 (1981) 583–584;
Id., Enz. Sollicitudo rei socialis, 1: AAS 80 (1988) 513–514. 142 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2421. 143 Vgl. Leo XIII., Enz. Rerum novarum: Acta Leonis XIII, 11 (1892) 97–144. 144 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 20: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1376. 145 Vgl. Pius XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 189; Pius XII., Rundfunkbotschaft
zur 50-Jahrfeier des Rundschreibens „Rerum novarum“: AAS 33 (1941) 198. 146 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 5: AAS 83 (1991) 799. 147 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 5: AAS 83 (1991) 799. 148 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 56: AAS 83 (1991) 862. 149 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 60: AAS 83 (1991) 865. 150 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 60: AAS 83 (1991) 865. 151 Leo XIII., Enz. Rerum novarum: Acta Leonis XIII, 11 (1892) 143.
Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 56: AAS 83 (1991) 862. 152 Vgl. Pius XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 177–228. 153 Vgl. Pius XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 186–189. 154 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 21: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1377. 155 Vgl. Pius XI., Enz. Non abbiamo bisogno: AAS 23 (1931) 285–312. 156 Offizieller Text (deutsch): AAS 29 (1937) 145–167. 157 Pius XI., Ansprache an belgische Rundfunkjournalisten (6. September 1938),
in Johannes Paul II., Ansprache an führende Vertreter der „Anti-Defamation League of B’nai B’rith“
(22. März 1984): Insegnamenti di Giovanni Paolo II, VII, 1 (1984) 740–742. 158 Offizieller Text (lateinisch): AAS 29 (1937) 65–106. 159 Pius XI., Enz. Divini Redemptoris: AAS 29 (1937) 96. 160 Vgl. Pius XII., Weihnachtliche Rundfunkbotschaften: über den Frieden und die interna-
tionale Ordnung aus den Jahren: 1939: AAS 32 (1940) 5–13;
1940: AAS 33 (1941) 5–14; 1941: AAS 34 (1942) 10–21; 1945: AAS 38 (1946) 15–25; 1946: AAS 39 (1947) 7–17;
1948: AAS 41 (1949) 8–16; 1950: AAS 43 (1951) 49–59; 1951: AAS 44 (1952) 5–15; 1954: AAS 47 (1955) 15–28);
1955: AAS 48 (1956) 26–41;
über die innere Ordnung der Völker, von 1942: AAS 35 (1943) 9–24;
über die Demokratie, von 1944: AAS 37 (1945) 10–23;
über die Aufgabe der christlichen Zivilisation, vom 1. September 1944: AAS 36 (1944) 249–258;
über die Rückkehr zu Gott in Großmut und Brüderlichkeit, von 1947: AAS 40 (1948) 8–16;
über das Jahr der großen Rückkehr und der großen Vergebung, von 1949: AAS 42 (1959) 121–133;
über die Entpersönlichung des Menschen, von 1952: AAS 45 (1953) 33–46;
über die Rolle des technischen Fortschritts und den Frieden der Völker, von 1953: AAS 46 (1954) 5–16. 161 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 22: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1377–1378. 162 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium<
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 22 (1989). 163 Johannes XXIII., Enz. Pacem in terris: AAS 55 (1963) 267–269. 278–279. 291. 295–296. 164 Vgl. Johannes XXIII., Enz. Mater et magistra: AAS 53 (1961) 401–464. 165 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium und den
Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 23: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1378. 166 Vgl. Johannes XXIII., Enz. Mater et magistra: AAS 53 (1961) 415–418. 167 Vgl. Johannes XXIII., Enz. Pacem in terris, AAS 55 (1963) 257–304. 168 Johannes XXIII., Enz. Pacem in terris, Anrede: AAS 55 (1963) 257. 169 Johannes XXIII., Enz. Pacem in terris, Anrede: AAS 55 (1963) 301. 170 Johannes XXIII., Enz. Pacem in terris, Anrede: AAS 55 (1963) 294. 171 Vgl. Roy Kard. Maurice, Brief an Paul VI. und Dokument anlässlich des 10. Jahrestags
der Enzyklika „Pacem in terris“: L’Osservatore Romano, 11. April 1973, S. 3–6. 172 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes: AAS 58 (1966) 1025–1120. 173 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 24: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1379. 174 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 1: AAS 58 (1966) 1026. 175 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes,40: AAS 58 (1966) 1058. 176 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 24: AAS 58 (1966) 1045. 177 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 25: AAS 58 (1966) 1045. 178 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 24: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1380. 179 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Erkl. Dignitatis humanae: AAS 58 (1966) 929–946. 180 Paul VI., Enz. Populorum progressio 76–80: AAS 59 (1967) 294–296. 181 Vgl. Paul VI., Enz. Populorum progressio: AAS 59 (1967) 257–299. 182 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 25: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1380. 183 Paul VI., Enz. Populorum progressio, 21: AAS 59 (1967) 267. 184 Paul VI., Enz. Populorum progressio, 42: AAS 59 (1967) 278. 185 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 90: AAS 58 (1966) 1112. 186 Vgl. Paul VI., Ap. Schr. Octogesima adveniens: AAS 63 (1971) 401–441. 187 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Laborem exercens: AAS 73 (1981) 577–647. 188 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis: AAS 80 (1988) 513–586. 189 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 26: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1382. 190 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium und den
Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 26: Der Apostolische Stuhl 1989, 1383. 191 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 39: AAS 80 (1988) 568. 192 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus: AAS 83 (1991) 793–867. 193 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 10: AAS 83 (1991) 805. 194 Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Leitlinien für das Studium
und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung, 27: Der Apostolische
Stuhl 1989, 1383. 195 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 4: AAS 58 (1966) 1028. 196 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 1: AAS 80 (1988) 514; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2422.