323 Im Alten Testament begegnen wir einer zweigeteilten Einstellung zu den wirtschaftlichen Gütern und zum Reichtum. Auf der einen Seite schätzt man die Verfügbarkeit der materiellen Güter, die als lebensnotwendig betrachtet werden: Die Fülle – nicht aber der Reichtum oder der Luxus – wird zuweilen als ein Segen Gottes betrachtet. In der Weisheitsliteratur wird die Armut als negative Folge der Trägheit und des fehlenden Fleißes (vgl. Spr 10, 4), doch auch als natürliche Gegebenheit beschrieben (vgl. Spr 22, 2). Auf der anderen Seite werden nicht die wirtschaftlichen Güter und der Reichtum selbst, sondern nur ihr negativer Gebrauch verurteilt. Die prophetische Tradition brandmarkt Betrügereien, Wucher, Ausbeutung, grobe Ungerechtigkeiten vor allem den Ärmsten gegenüber (vgl. Jes 58, 3–11; Jer 7, 4–7; Hos 4, 1–2; Am 2, 6–7; Mi 2, 1–2). Diese Tradition betrachtet die Armut der Unterdrückten, der Schwachen und der Bedürftigen zwar als ein Übel, sieht darin jedoch auch ein Symbol der Situation des Menschen vor Gott, von dem alles Gute kommt – als ein Geschenk, das es zu verwalten und zu teilen gilt.
324 Wer unabhängig von seiner Lebenssituation seine eigene Armut vor Gott erkennt, zieht Gottes besondere Aufmerksamkeit auf sich: Wenn der Arme sucht, antwortet der Herr; wenn er schreit, wird er erhört. Den Armen gelten die Verheißungen Gottes: Sie werden die Erben des Bundes sein, den er mit seinem Volk geschlossen hat. Das heilbringende Eingreifen Gottes wird durch einen neuen David geschehen (vgl. Ez 34, 22–31), der ebenso und noch mehr als König David die Armen verteidigen und sich für die Gerechtigkeit einsetzen wird; er wird einen neuen Bund schließen und ein neues Gesetz in die Herzen der Gläubigen schreiben (vgl. Jer 31, 31–34). Wenn die Armut im Geist der Religiosität angenommen und gesucht wird, befähigt sie dazu, die Ordnung des Geschaffenen anzuerkennen und zu akzeptieren;der „Reiche“ ist in diesem Zusammenhang derjenige, der den Dingen, die er besitzt, mehr vertraut als Gott, der Mensch, der stark wird durch das Werk seiner Hände und sich allein auf diese seine Stärke verlässt. Die Armut wird zu einem moralischen Wert, wenn sie sich in demütiger Verfügbarkeit und vertrauensvoller Offenheit gegenüber Gott äußert. Diese Haltungen versetzen den Menschen in die Lage, die Relativität der wirtschaftlichen Güter zu erkennen und sie als göttliche Geschenke zu behandeln, die es zu verwalten und zu teilen gilt, weil Gott der ursprüngliche Eigentümer aller Güter ist.
325 Jesus greift die gesamte Überlieferung des Alten Testaments auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Güter, des Reichtums und der Armut auf und verleiht ihnen eine endgültige Klarheit und Fülle (vgl. Mt 6, 24 und 13, 22; Lk 6, 20–24 und 12, 15–21; Röm 14, 6–8 und 1 Tim 4, 4). Indem er seinen Geist aussendet und die Her- zen verwandelt, errichtet er das „Reich Gottes“, in dem ein neues Zusammenleben in Gerechtigkeit, Brüderlichkeit, Solidarität und im Teilen möglich sein wird. Das von Christus gegründete Reich vervollkommnet die ursprüngliche Gutheit des Geschaffenen und des menschlichen Tuns, die durch die Sünde beeinträchtigt worden war. Vom Bösen befreit und wieder in die Gemeinschaft mit Gott hineingenommen, kann jeder Mensch mit der Hilfe des Heiligen Geistes das Werk Jesu fortsetzen: den Armen Gerechtigkeit widerfahren lassen, die Unterdrückten befreien, die Betrübten trösten und aktiv nach einer neuen sozialen Ordnung streben, die angemessene Lösungen für das Problem der materiellen Armut bereithält und jenen Kräften wirkungsvoller Einhalt gebietet, die verhindern wollen, dass die Schwächsten ihre Situation des Elends und der Sklaverei abzuschütteln vermögen. Wenn das geschieht, ist das Reich Gottes auf dieser Erde bereits gegenwärtig, obwohl es ihr nicht angehört. In ihm finden die Verheißungen der Propheten ihre letzte Erfüllung.
326 Im Licht der Offenbarung muss die wirtschaftliche Aktivität als eine bejahende Antwort auf die Berufung betrachtet und entfaltet werden, die Gott jedem Menschen schenkt. Er ist in den Garten hineingestellt, um ihn zu bebauen und zu hüten, ihn innerhalb genau festgelegter Grenzen (vgl. Gen 2, 16–17) zu nutzen und ihn so letztlich zu vervollkommnen (vgl. Gen 1, 26–30; 2, 15–16; Weish 9, 2–3). Indem er zum Zeugen der Größe und Güte des Schöpfers wird, geht der Mensch der Fülle der Freiheit entgegen, zu der Gott ihn berufen hat. Eine gute Verwaltung der empfangenen – auch materiellen – Güter ist ein Werk der Gerechtigkeit gegenüber sich selbst und den anderen Menschen: Das, was man empfängt, muss gut genutzt, bewahrt und vermehrt werden, wie das Gleichnis von den Talenten lehrt (vgl. Mt 25, 14–30; Lk 19, 12–27). Die wirtschaftliche Tätigkeit und der materielle Fortschritt müssen in den Dienst des Menschen und der Gesellschaft gestellt werden; wenn man sich ihnen mit dem Glauben, der Hoffnung und der Liebe der Jünger Christi widmet, können auch Wirtschaft und Fortschritt zu Orten des Heils und der Heiligung werden; auch in diesen Bereichen ist es möglich, einer mehr als menschlichen Liebe und Solidarität Ausdruck zu verleihen und zum Wachstum einer neuen Menschheit beizutragen, die die Welt der letzten Zeiten vorwegnimmt.683 Jesus fasst die gesamte Offenbarung in der Aufforderung an den Gläubigen zusammen, vor Gott reich zu werden (vgl. Lk 12, 21): Auch die Wirtschaft dient diesem Ziel, wenn sie ihre Rolle als Instrument des globalen Wachstums von Mensch und Gesellschaft und menschlicher Lebensqualität nicht verleugnet.
327 Der Glaube an Jesus Christus ermöglicht ein richtiges Verständnis der sozialen Entwicklung im Kontext eines umfassenden und solidarischen Humanismus. Der theologische Beitrag des sozialen Lehramts ist in dieser Hinsicht sehr nützlich: „Während der Glaube an Christus, den Erlöser, das Wesen der Entwicklung von innen her erhellt, weist er uns auch den Weg bei der Aufgabe der Zusammenarbeit. Im Brief des heiligen Paulus an die Kolosser lesen wir, dass Christus der »Erstgeborene der ganzen Schöpfung« ist und »alles durch ihn und auf ihn hin geschaffen ist« (1, 15–16). Denn jedes Ding »hat in ihm Bestand«, weil »Gott mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen wollte, um durch ihn alles zu versöhnen« (ibid. 1, 20). In diesen göttlichen Plan, der von Ewigkeit her in Christus, dem vollkommenen »Ebenbild« des Vaters, beginnt und in ihm als dem »Erstgeborenen der Toten« (ibid. 1, 15–18) seinen Höhepunkt findet, fügt sich unsere Geschichte ein, die von unserem persönlichen wie kollektiven Bemühen gekennzeichnet ist, die menschliche Lage zu bessern und die auf unserem Weg immer wieder entstehenden Widerstände zu überwinden, indem wir uns so auf die Teilnahme an jener Fülle vorbereiten, die »in ihm wohnt« und die er »seinem Leib, der die Kirche ist«, mitgeteilt hat (ibid. 1, 18; vgl. Eph 1, 22–23), während die Sünde, die uns stets bedrängt und unsere menschlichen Unternehmungen beeinträchtigt, durch die von Christus gewirkte »Versöhnung« besiegt und entgolten worden ist (vgl. Kol 1, 20)“.684
b) Reichtum existiert, um geteilt zu werden
328 Auch die Güter, die man rechtmäßig besitzt, behalten immer ihre allgemeine Bestimmung; jede Form ihrer unangemessenen Anhäufung ist unmoralisch, weil sie der von Gott, dem Schöpfer, allen Gütern verliehenen universalen Bestimmung offen widerspricht. Das christliche Heil ist nämlich eine umfassende Befreiung des Menschen: von der Bedürftigkeit, aber auch vom Besitz selbst: „Denn die Wurzel aller Übel ist die Habsucht. Nicht wenige, die ihr verfielen, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich viele Qualen bereitet“ (1 Tim 6, 10). Die Kirchenväter betonen die Notwendigkeit der Umkehr und Umbildung des Gewissens der Gläubigen stärker als die Forderung nach einer Veränderung der sozialen und politischen Strukturen ihrer Zeit und appellieren an jeden, der einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht und Güter besitzt, sich als Verwalter dessen zu betrachten, was Gott ihm anvertraut hat.
329 Die Reichtümer erfüllen ihre dienende Funktion am Menschen, wenn sie eingesetzt werden, um Güter für die anderen und für die Gesellschaft zu produzieren:685 „Wie könnten wir dem Nächsten Gutes tun, wenn alle nichts besäßen?“, fragt sich Clemens Alexandrinus.686 In der Sicht des heiligen Johannes Chrysostomus gehören die Reichtümer einigen, damit diese sich Verdienste erwerben können, indem sie sie mit den anderen teilen.687 Sie sind ein Gut, das von Gott kommt: Wer es besitzt, muss es gebrauchen und es in Umlauf bringen, sodass auch die Bedürftigen in seinen Genuss kommen; als Übel ist es zu betrachten, wenn jemand sich übertrieben an den Reichtum klammert und ihn für sich alleine behalten will. Der heilige Basilius der Große fordert die Reichen dazu auf, die Tore ihrer Lagerräume aufzureißen, und ruft: „Ein großer Fluss ergießt sich in tausend Kanälen über das fruchtbare Land: So sollst du auf tausend Wegen dafür sorgen, dass der Reichtum in den Häusern der Armen Einzug hält“.688 Der Reichtum, so erklärt der heilige Basilius, ist wie das Wasser, das umso klarer aus der Quelle hervorspru- delt, je häufiger man aus ihr schöpft, während es faulig wird, wenn niemand die Quelle benutzt.689 U nd der heilige Gregor der Große wird später sagen, dass der Reiche nur ein Verwalter dessen ist, was er besitzt; dem Bedürftigen das Notwendige zu geben ist ein Werk, das mit Demut verrichtet werden muss, weil die Güter nicht dem gehören, der sie verteilt. Wer den Reichtum für sich behält, ist nicht unschuldig; ihn dem zu geben, der ihn benötigt, bedeutet, eine Schuld zu begleichen.690
II. MORAL UND WIRTSCHAFT
330 Die Soziallehre der Kirche betont den sittlichen Aspekt der Wirtschaft. Pius XI. äußert sich in der Enzyklika „Quadragesimo anno“ zum Verhältnis zwischen Wirtschaft und Moral: „Wenngleich Wirtschaft und Sittlichkeit jede in ihrem Bereich eigenständig sind, so wäre es doch ein Irrtum, die Bereiche des Wirtschaftlichen und des Sittlichen derart auseinanderzureißen, dass jener außer aller Abhängigkeit von diesem tritt. Die so genannten Wirtschaftsgesetze, aus dem Wesen der Sachgüter wie aus dem Geist-Leib-Wesen des Menschen erfließend, besagen nur etwas über das Verhältnis von Mittel und Zweck und zeigen so, welche Zielsetzungen auf wirtschaftlichem Gebiet in der Macht des Menschen und welche nicht in der Macht des Menschen liegen. Aus der gleichen Sachgüterwelt sowie der Individualund Sozial-Natur des Menschen entnimmt sodann die menschliche Vernunft mit voller Bestimmtheit das von Gott, dem Schöpfer, der Wirtschaft als Ganzem vorgesteckte Ziel. Anders das Sittengesetz. Ihm allein eignet verpflichtende Kraft, mit der es unsern Willen bindet, wie in all unserm Tun und Lassen die Richtung auf unser höchstes und letztes Ziel, so in den verschiedenen Sachbereichen die Ausrichtung auf die jedem einzelnen von ihnen vom Schöpfer erkennbar vorgesteckten Ziele und damit zugleich die rechte Stufenordnung der Ziele bis zum höchsten und letzten allzeit innezuhalten“.691
331 Das Verhältnis zwischen Moral und Wirtschaft ist notwendig und wesentlich: wirtschaftliche Aktivität und moralisches Verhalten durchdringen einander im Innersten. Die notwendige Unterscheidung zwischen Moral und Wirtschaft hat keine Trennung der beiden Bereiche, sondern im Gegenteil eine bedeutsame Wechselseitigkeit zur Folge. So, wie im moralischen Bereich die Gründe und Forderungen der Wirtschaft in Betracht gezogen werden müssen, muss der, der im wirtschaftlichen Bereich tätig ist, für die moralischen Belange offen sein: „Auch im Wirtschaftsleben sind die Würde der menschlichen Person und ihre ungeschmälerte Berufung wie auch das Wohl der gesamten Gesellschaft zu achten und zu fördern, ist doch der Mensch Urheber, Mittelpunkt und Ziel aller Wirtschaft“.692 Den Vernunftgründen der Wirtschaft das richtige und gebührende Gewicht zu geben bedeutet nicht, jede Überlegung der metaökonomischen Ordnung als irrational zurückzuweisen, denn das Ziel der Wirtschaft liegt ja gerade nicht in der Wirtschaft selbst, sondern in ihrer menschlichen und gesellschaftlichen Bestimmung.693 Denn das Ziel der Verwirklichung des Menschen und des guten menschlichen Zusammenlebens ist weder im wissenschaftlichen Bereich noch auf praktischer Ebene der Wirtschaft anvertraut. Ihr kommt vielmehr eine Teilaufgabe zu: die Produktion, die Verteilung und der Konsum der materiellen Güter und der Dienstleistungen.
332 Die moralische Dimension der Wirtschaft lässt die wirtschaftliche Effizienz und die solidarische Entwicklung der Menschheit als zwei zwar getrennte und alternative, jedoch voneinander untrennbare Ziele erscheinen. Die Moral, die für das wirtschaftliche Leben wesentlich ist, ist diesem weder entgegengesetzt, noch verhält sie sich neutral: Wenn sie sich von der Gerechtigkeit und der Solidarität inspirieren lässt, wird sie für die Wirtschaft selbst zu einem Faktor der gesellschaftlichen Effizienz. Es ist eine Pflicht, die mit der Produktion der Güter verbundene Tätigkeit effizient auszuführen, denn sonst werden Ressourcen verschwendet; andererseits ist ein Wirtschaftswachstum auf Kosten der Menschen und ganzer Völker und Gesellschaftsgruppen, die zu Armut und Ausgrenzung verdammt werden, nicht akzeptabel. Die an der Verfügbarkeit der Güter und Dienstleistungen erkennbare Ausbreitung des Reichtums und die moralische Forderung nach einer gerechten Verteilung ebendieser Güter und Dienstleistungen müssen für den Menschen und die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit zu einem Anreiz werden, die wesentliche Tugend der Solidarität zu üben,694 um im Geist der Gerechtigkeit und Liebe jene „Strukturen der Sünde“ 695, die Armut, Unterentwicklung und Erniedrigung hervorbringen und aufrechterhalten, zu bekämpfen, wo immer sie sich zeigen. Diese Strukturen werden durch viele konkrete Taten des menschlichen Egoismus aufgebaut und verfestigt.
333 Um den moralischen Anforderungen zu genügen, muss sich die wirtschaftliche Aktivität auf alle Menschen und alle Völker als Subjekte stützen. Alle haben das Recht, am Wirtschaftsleben teilzunehmen, und alle haben die Pflicht, je nach ihren eigenen Fähigkeiten zum Fortschritt ihres Landes und der gesamten Menschheitsfamilie beizutragen.696 Wenn also gewissermaßen alle für alle verantwortlich sind, dann hat auch jeder die Pflicht, sich für die wirtschaftliche Entwicklung aller einzusetzen:697 Es ist eine Pflicht der Solidarität und der Gerechtigkeit, aber es ist auch der beste Weg, um die ganze Menschheit voranzubringen. Wenn sie auf moralische Weise gelebt wird, ist die Wirtschaft folglich durch die Produktion von wachstumsfördernden Gütern und Diensten eine Leistung, die auf Gegenseitigkeit beruht, und wird für jeden Menschen zu einer Gelegenheit, die Solidarität und die Berufung zu jener „Gemeinschaft mit den anderen Menschen“ zu leben, „für die ihn Gott geschaffen hat“.698 Sozioökonomische Projekte zu entwerfen und umzusetzen, die geeignet sind, eine gerechtere Gesellschaft und eine menschlichere Welt zu fördern, ist eine schwierige Herausforderung, aber auch eine reizvolle Aufgabe für alle, die in der Wirtschaft und in den Wirtschaftswissenschaften tätig sind.699
334 Gegenstand der Wirtschaft ist die Bildung und fortschreitende Vergrößerung von Reichtum in quantitativer, aber auch qualitativer Hinsicht: All das ist moralisch richtig, wenn es auf die globale und solidarische Entwicklung des Menschen und der Gesellschaft, in der er lebt und arbeitet, ausgerichtet ist. Die Entwicklung lässt sich nämlich nicht auf einen bloßen Prozess der Anhäufung von Gütern und Dienstleistungen reduzieren. Im Gegenteil: Die bloße Anhäufung ist, auch wenn sie dem Gemeinwohl dient, keine ausreichende Voraussetzung für die Verwirklichung des echten menschlichen Glücks. Vor diesem Hintergrund warnt das soziale Lehramt vor den Verlockungen einer nur quantitativen Art des Wachstums, weil die übertriebene „Verfügbarkeit von jeder Art materieller Güter zugunsten einiger sozialer Schichten (…) die Menschen leicht zu Sklaven des »Besitzens« und des unmittelbaren Genießens“ macht. „Das ist die so genannte Konsumgesellschaft oder der Konsumismus“.700
335 Unter dem Aspekt der umfassenden und solidarischen Entwicklung lässt sich auch die moralische Bewertung, die die Marktwirtschaft oder einfach die freie Wirtschaft von Seiten der Soziallehre erfährt, richtig einschätzen: „Wird mit »Kapitalismus« ein Wirtschaftssystem bezeichnet, das die grundlegende und positive Rolle des Unternehmens, des Marktes, des Privateigentums und der daraus folgenden Verantwortung für die Produktionsmittel, der freien Kreativität des Menschen im Bereich der Wirtschaft anerkennt, ist die Antwort sicher positiv. Vielleicht wäre es passender, von »Unternehmenswirtschaft« oder »Markwirtschaft« oder einfach »freier Wirtschaft« zu sprechen. Wird aber unter »Kapitalismus« ein System verstanden, in dem die wirtschaftliche Freiheit nicht in eine feste Rechtsordnung eingebunden ist, die sie in den Dienst der vollen menschlichen Freiheit stellt und sie als eine besondere Dimension dieser Freiheit mit ihrem ethischen und religiösen Mittelpunkt ansieht, dann ist die Antwort ebenso entschieden negativ“.701 Daran erkennt man die christliche Sicht auf die sozialen und politischen Bedingun- gen der wirtschaftlichen Aktivität: dass sie nicht nur nach ihren Regeln, sondern auch nach ihrer moralischen Qualität und ihrer Bedeutung fragt.
III. PRIVATINITIATIVE UND UNTERNEHMEN
336 Die Soziallehre der Kirche betrachtet die Freiheit der Person im Bereich der Wirtschaft als einen grundlegenden Wert und ein unveräußerliches Recht, das gestärkt und geschützt werden muss: „Jeder hat das Recht auf wirtschaftliche Initiative; jeder darf und soll seine Talente nutzen, um zu einem Wohlstand beizutragen, der allen zugute kommt, und um die gerechten Früchte seiner Mühe zu ernten“.702 Diese Lehre warnt vor den negativen Folgen, die aus der Missachtung oder Verweigerung des Rechts auf wirtschaftliche Initiative entstehen: „Die Erfahrung lehrt uns, dass die Leugnung eines solchen Rechtes oder seine Einschränkung im Namen einer angeblichen »Gleichheit« aller in der Gesellschaft tatsächlich den Unternehmungsgeist, das heißt, die Kreativität des Bürgers als eines aktiven Subjektes, lähmt oder sogar zerstört“.703 Innerhalb dieser Sichtweise lässt sich die freie und verantwortliche Initiative im wirtschaftlichen Bereich auch als ein Akt bezeichnen, der das Menschsein des Menschen im Sinne eines kreativen und beziehungsfähigen Subjekts offenbart. Deshalb muss diese Initiative über einen weiten Raum verfügen. Der Staat hat die moralische Verpflichtung, nur dort enge Grenzen zu ziehen, wo die Verwirklichung des Gemeinwohls und die Art der angebahnten wirtschaftlichen Aktivität oder die Art ihrer Umsetzung nicht miteinander zu vereinbaren sind.704
337 Die Dimension der Kreativität ist auch im unternehmerischen Bereich ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Handelns und äußert sich insbesondere in einer planenden, innovativen Haltung: „Einen solchen Produktionsprozess zu organisieren, seinen Bestand zu planen, dafür zu sorgen, dass er, unter Übernahme der notwendigen Risiken, der Befriedigung der Bedürfnisse positiv entspricht: auch das ist eine Quelle des Reichtums in der heutigen Gesellschaft. So wird die Rolle der geordneten und schöpferischen menschlichen Arbeit immer offensichtlicher und entscheidender. Aber ebenso sichtbar wird – als wesentlich zu dieser Arbeit gehörend – die Bedeutung der wirtschaftlichen Initiative und des Unternehmertums“.705 Ausgehend von einer solchen Lehre muss man zu der Überzeugung gelangen, dass die „wichtigste Ressource des Menschen (…) in der Tat, zusammen mit der Erde, der Mensch selbst [ist]. Sein Verstand entdeckt die Produktivkraft der Erde und die Vielfalt der Formen, wie die menschlichen Bedürfnisse befriedigt werden können“.706
a) Das Unternehmen und seine Ziele
338 Das Unternehmen muss sich durch die Fähigkeit auszeichnen, dem Gemeinwohl der Gesellschaft durch die Produktion nützlicher Güter und Dienstleistungen zu dienen. Indem es bemüht ist, Güter und Dienstleistungen im Rahmen einer Logik der Effizienz und der Befriedigung der Interessen der verschiedenen involvierten Subjekte zu produzieren, bringt es Reichtum für die gesamte Gesellschaft hervor: nicht nur für die Eigentümer, sondern auch für die anderen an seiner Tätigkeit beteiligten Subjekte. Über diese im eigentlichen Sinne wirtschaftliche Funktion hinaus kommt dem Unternehmen auch eine soziale Bedeutung zu, weil es Möglichkeiten der Begegnung und der Zusammenarbeit schafft und den Fähigkeiten der mitwirkenden Personen einen Wert verleiht. Deshalb ist die wirtschaftliche Dimension in einem Unternehmen Voraussetzung für das Erreichen nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch sozialer und moralischer Ziele, die gemeinsam verfolgt werden müssen. Das Ziel des Unternehmens muss in einem ökonomischen Rahmen und mit ökonomischen Kriterien erreicht werden, wobei jedoch die echten Werte nicht vernachlässigt werden dürfen, die die konkrete Entwicklung der Person und der Gesellschaft ermöglichen. In dieser personalen und gemeinschaftlichen Sichtweise darf das Unternehmen „nicht ausschließlich als »Kapitalgesellschaft« angesehen werden; es ist zugleich eine »Gemeinschaft von Menschen«, zu der als Partner in je verschiedener Weise und mit spezifischen Verantwortlichkeiten sowohl jene beitragen, die das für ihre Tätigkeit nötige Kapital einbringen, als auch jene, die mit ihrer Arbeit daran mitwirken“.707
339 Den Angehörigen des Unternehmens muss bewusst sein, dass die Gemeinschaft, innerhalb deren sie tätig sind, ein Gut für alle und keine Struktur darstellt, die ausschließlich dazu da ist, die persönlichen Interessen Einzelner zu befriedigen. Nur in einem solchen Bewusstsein ist es möglich, eine Wirtschaft aufzubauen, die wirklich dem Menschen dient, und Pläne für eine echte Zusammenarbeit zwischen den gesellschaftlichen Gruppierungen auszuarbeiten. Ein sehr wichtiges und bedeutsames Beispiel stellt in dieser Richtung die Tätigkeit der genossenschaftlichen, der kleinen und der mittleren Unternehmen, der handwerklichen, der landwirtschaftlichen und der Familienbetriebe dar. Die Soziallehre hat den Beitrag hervorgehoben, den diese im Hinblick auf die Aufwertung der Arbeit, die Steigerung des persönlichen und sozialen Verantwortungsbewusstseins, das demokratische Leben und die für den Fortschritt des Markts und der Gesellschaft wichtigen menschlichen Werte leisten.708
340 Die Soziallehre erkennt die berechtigte Funktion des Gewinns als eines ersten Anzeichens für den Erfolg eines Unternehmens an: „Wenn ein Unternehmen mit Gewinn produziert, bedeutet das, dass die Produktionsfaktoren sachgemäß eingesetzt (…) wurden“.709 Dadurch wird aber das Bewusstsein der Tatsache nicht getrübt, dass der Gewinn nicht immer ein Beweis dafür ist, dass das Unternehmen der Gesellschaft in angemessener Weise dient.710 Es kann zum Beispiel sein, „dass die Wirtschaftsbilanz in Ordnung ist, aber zugleich die Menschen, die das kostbarste Vermögen des Unternehmens darstellen, gedemütigt und in ihrer Würde verletzt werden“.711 Das geschieht, wenn ein Unternehmen in soziokulturelle Systeme eingegliedert ist, die es auf die Ausbeutung der Personen anlegen und bereit sind, sich den Pflichten der sozialen Gerechtigkeit zu entziehen und die Rechte der Arbeiter zu verletzen. Es ist unerlässlich, dass das berechtigte Gewinnstreben innerhalb des Unternehmens mit dem unverzichtbaren Schutz der Würde der Personen in Einklang gebracht wird, die in den verschiedenen Positionen dieses Unternehmens tätig sind. Diese beiden Forderungen stehen mitnichten zueinander im Widerspruch, denn einerseits wäre es unrealistisch, die Zukunft des Unternehmens gewährleisten zu wollen, ohne Güter und Dienstleistungen zu produzieren und ohne Gewinn zu erzielen, der die Frucht der damit entfalteten wirtschaftlichen Tätigkeit ist; andererseits wird dadurch, dass dem arbeitenden Menschen die Entwicklung seiner Persönlichkeit zugestanden wird, auch eine größere Produktivität und Effizienz der Arbeit selbst gefördert. Das Unternehmen muss eine Solidargemeinschaft sein,712 die sich nicht nur um die Interessen des Unternehmens kümmert, sie muss eine „Sozialökologie“713 der Arbeit anstreben, und sie muss auch durch die Bewahrung der natürlichen Umwelt zum Gemeinwohl beitragen.
341 Auch wenn das Streben nach einem angemessenen Gewinn in der Wirtschaftsund Finanzwelt gutgeheißen werden kann, ist der Wucher moralisch zu verurteilen: „Händler, die durch wucherische und profitgierige Geschäfte ihre Mitmenschen hungern und sterben lassen, begehen indirekt einen Mord; für diesen sind sie verantwortlich“.714 Diese Verurteilung erstreckt sich auch auf die internationalen Wirtschaftsbeziehungen insbesondere im Hinblick auf die weniger fortgeschrittenen Länder, denen gegenüber es unzulässig ist, „missbräuchliche, wenn nicht gar wucherische Finanzsysteme“715 in Anwendung zu bringen. Das Lehramt hat in der jüngeren Vergangenheit kraft- volle und deutliche Worte für eine Praxis gefunden, die sich derzeit in dramatischer Weise ausbreitet: „Treibt keinen Wucher! Diese Plage ist auch in unseren Tagen eine schamlose Realität, die vielen Menschen die Luft abschnüren kann, die sie zum Leben brauchen“.716
342 Das Unternehmen von heute bewegt sich im Rahmen wirtschaftlicher Szenarien von immer größeren Ausmaßen, angesichts deren die Nationalstaaten häufig an ihre Grenzen stoßen, wenn es darum geht, die schnellen Veränderungsprozesse zu lenken, von denen die internationalen finanzwirtschaftlichen Beziehungen betroffen sind; diese Situation veranlasst die Unternehmen dazu, neue und größere Verantwortung zu übernehmen als in der Vergangenheit. Im Hinblick auf eine echte solidarische und umfassende Entwicklung der Menschheit ist ihre Rolle heute mehr denn je von entscheidender Bedeutung, und ebenso wichtig ist in dieser Hinsicht, wie sehr sie sich der Tatsache bewusst sind, dass „die Entwicklung entweder allen Teilen der Welt gemeinsam zugute kommt oder einen Prozess der Rezession auch in jenen Gegenden erleidet, die bisher einen ständigen Fortschritt zu verzeichnen hatten. Diese Tatsache ist besonders aufschlussreich für das Wesen echter Entwicklung: Entweder nehmen alle Nationen der Welt daran teil, oder sie ist tatsächlich nicht echt“.717
b) Die Rolle des Unternehmers und Managers
343 Die wirtschaftliche Initiative ist Ausdruck der menschlichen Intelligenz und der Notwendigkeit, kreativ und gemeinschaftlich auf die Bedürfnisse des Menschen zu reagieren. Kreativität und Zusammenarbeit bilden die beiden Säulen eines richtig verstandenen unternehmerischen Wettbewerbs, der darin bestehen muss, gemeinsam nach den am besten geeigneten Lösungen zu suchen, um in der angemessensten Weise auf die nach und nach aufkommenden Bedürfnisse zu reagieren. Bei dem Verantwortungsbewusstsein, das aus der freien wirtschaftlichen Initiative entsteht, handelt es sich nicht nur um eine für das menschliche Wachstum des Einzelnen unerlässliche individuelle Tugend, sondern auch um eine soziale Tugend, die für die Entwicklung einer solidarischen Gemeinschaft notwendig ist: „In diesen Prozess sind wichtige Tugenden miteinbezogen, wie Fleiß, Umsicht beim Eingehen zumutbarer Risiken, Zuverlässigkeit und Treue in den zwischenmenschlichen Beziehungen, Festigkeit bei der Durchführung von schwierigen und schmerzvollen, aber für die Betriebsgemeinschaft notwendigen Entscheidungen und bei der Bewältigung etwaiger Schicksalsschläge“.718
344 Die Rollen des Unternehmers und des Managers sind vom sozialen Standpunkt aus von zentraler Bedeutung, weil sie mitten in jenem Netz von technischen, kommerziellen, finanziellen und kulturellen Verbindungen angesiedelt sind, die die moderne Unternehmenswirklichkeit kennzeichnen. Da die in einem Betrieb getroffenen Entscheidungen aufgrund der zunehmenden Komplexität der unternehmerischen Tätigkeit eine Vielfalt miteinander verknüpfter, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial höchst relevanter Auswirkungen haben, muss jeder, der seine Verantwortung als Unternehmer oder Manager wahrnimmt, nicht nur beständig darum bemüht sein, seine fachlichen Kenntnisse zu aktualisieren, sondern auch unablässig über die moralischen Zielsetzungen nachdenken, von denen sich der in diesem Aufgabenbereich Tätige bei seinen persönlichen Entscheidungen lenken lassen muss. Die Unternehmer und Manager dürfen nicht ausschließlich das objektive Ziel des Unternehmens, die Kriterien der wirtschaftlichen Effizienz und die Forderungen der Pflege des „Kapitals“ im Sinne der Gesamtheit der Produktionsmittel im Auge haben: Zu ihren klar definierten Pflichten gehört auch der konkrete Respekt vor der Menschenwürde der in ihrem Unternehmen tätigen Arbeiter.719 Letztere stellen „das kostbarste Vermögen des Unternehmens“720 und den entscheidenden Produktionsfaktor dar.721 In den großen strategischen und finanziellen Entscheidungen über Ankauf oder Verkauf, die Verkleinerung oder das Schließen von Niederlassungen sowie in der Fusionspolitik kann man sich nicht ausschließlich auf finanzielle oder kommerzielle Kriterien beschränken.
345 Die Soziallehre betont, dass der Unternehmer und der Manager sich dafür einsetzen müssen, die Arbeitstätigkeit in ihren Betrieben so zu strukturieren, dass die Familie und insbesondere die Familienmütter in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützt werden;722 sie müssen im Licht einer umfassenden Sicht des Menschen und der Entwicklung die Qualitätsanforderungen erfüllen, und zwar im Hinblick auf die „Qualität der zu erzeugenden und zu konsumierenden Güter“, die „Qualität der beanspruchten Dienste“ und auch die „Qualität der Umwelt und des Lebens überhaupt“;723 und sie müssen, wann immer die wirtschaftlichen Bedingungen und die politische Stabilität dies zulassen, in jene Produktionsstätten und -sektoren investieren, die Individuen und Völkern die Chance geben, die „eigene Arbeit zu verwerten“.724
IV. WIRTSCHAFTLICHE EINRICHTUNGEN IM DIENST DES MENSCHEN
346 Eine der vorrangigen Fragen in der Wirtschaft ist die Verwendung der Ressourcen,725 das heißt all jener Güter und Dienstleistungen, denen die wirtschaftlichen Subjekte, also die öffentlichen und privaten Hersteller und Verbraucher, aufgrund des ihnen innewohnenden Nutzens im Bereich von Produktion und Konsum einen Wert beimessen. In quantitativer Hinsicht sind die natürlichen Ressourcen knapp, und das bedeutet zwangsläufig, dass jedes einzelne wirtschaftliche Subjekt ebenso wie jede Gesellschaft Strategien entwickeln muss, um sie gemäß der vom Prinzip der Wirtschaftlichkeit diktierten Logik in möglichst vernünftiger Weise zu gebrauchen. Davon hängt sowohl die wirksame Lösung des allgemeineren und grundsätzlicheren Problems der Begrenztheit der Mittel im Verhältnis zu den öffentlichen und privaten individuellen und sozialen Bedürfnissen ab als auch die strukturelle und funktionale Effizienz des wirtschaftlichen Systems in seiner Gesamtheit. Diese Effizienz ist ein indirekter Appell an die Verantwortung und die Fähigkeit verschiedener Subjekte wie des Marktes, des Staates und der gesellschaftlichen Zwischengruppen.
a) Die Rolle des freien Marktes
347 Der freie Markt ist eine in sozialer Hinsicht wichtige Institution, weil er effiziente Ergebnisse in der Produktion der Güter und Dienstleistungen sichern kann. Historisch gesehen hat der Markt bewiesen, dass er die wirtschaftliche Entwicklung langfristig in Gang setzen und aufrechterhalten kann. Es gibt gute Gründe, davon auszugehen, dass in vielen Situationen „der freie Markt das wirksamste Instrument für die Anlage der Ressourcen und für die beste Befriedigung der Bedürfnisse zu sein“ scheint.726 Die Soziallehre der Kirche schätzt die sicheren Vorteile, die die Regelungen des freien Marktes im Hinblick auf eine bessere Nutzung der Ressourcen oder auch einen erleichterten Austausch der Produkte bieten; diese Mechanismen „stellen den Willen und die Präferenzen des Menschen in den Mittelpunkt, die sich im Vertrag mit denen eines anderen Menschen treffen“.727 Ein wirklich von Wettbewerb bestimmter Markt ist ein wirkungsvolles Mittel, um wichtige Ziele der Gerechtigkeit zu erreichen: die übermäßigen Gewinne einzelner Unternehmen einzudämmen; auf die Forderungen der Verbraucher zu reagieren; eine bessere und schonendere Nutzung der Ressourcen zu verwirklichen; unternehmerisches Engagement und innovatives Geschick zu belohnen; Informationen so in Umlauf zu bringen, dass die Produkte in einer Atmosphäre gesunden Wettbewerbs wirklich verglichen und erworben werden können.
348 Bei der Beurteilung des freien Marktes dürfen die Ziele und Werte, die er auf gesellschaftlicher Ebene verfolgt und vermittelt, nicht außer Acht gelassen werden. Denn der Markt findet seine Berechtigung nicht in sich selbst. Es ist Sache des individuellen Gewissens und der öffentlichen Verantwortung, das richtige Verhältnis zwischen Zweck und Mittel herzustellen.728 Der individuelle Nutzen des Unternehmers ist zwar legitim, darf aber nie das einzige Ziel sein. Daneben gibt es ein anderes, ebenso grundlegendes und diesem übergeordnetes Ziel, nämlich den sozialen Nutzen, der nicht gegen, sondern im Einklang mit der Logik des Marktes erreicht werden muss. Wenn er die oben erwähnten wichtigen Funktionen ausübt, dient der freie Markt dem Gemeinwohl und der umfassenden Entwicklung des Menschen, während das umgekehrte Verhältnis zwischen Mittel und Zweck ihn zu einer unmenschlichen und entfremdenden Einrichtung mit unabsehbaren Folgen verkommen lassen kann.
349 Die Soziallehre der Kirche erkennt dem Markt zwar die Funktion eines unersetzlichen Regulierungsinstruments innerhalb des Wirtschaftssystems zu, weist jedoch auch auf die Notwendigkeit hin, ihn in moralischen Zielsetzungen zu verankern, die seine Autonomie sicherstellen und gleichzeitig in angemessener Weise eingrenzen.729 Die Vorstellung, dass man allein dem Markt die Bereitstellung aller Kategorien von Gütern anvertrauen könnte, kann nicht geteilt werden, weil sie auf einer eingeschränkten Sicht der Person und der Gesellschaft beruht.730 An- gesichts der konkreten Gefahr, dass der Markt zu einem „Götzen“ gemacht wird, zeigt die kirchliche Soziallehre seine Grenzen auf, die leicht daran zu erkennen sind, dass er erwiesenermaßen unfähig ist, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, für die Güter erforderlich sind, die „ihrer Natur nach weder bloße Waren sind noch sein können“,731 Güter, die nach dem markttypischen „Äquivalenzprinzip“ und der ebenfalls markttypischen Logik des Vertrags nicht ge- oder verkauft werden können.
350 Der Markt erfüllt in der gegenwärtigen Gesellschaft eine bedeutende soziale Funktion; deshalb ist es wichtig, seine positivsten Kräfte zu ermitteln und Bedingungen zu schaffen, die deren konkrete Entfaltung ermöglichen. Die Arbeiter müssen wirklich frei sein, zwischen verschiedenen Optionen zu vergleichen, zu bewerten und zu wählen, wobei allerdings auch die Freiheit im wirtschaftlichen Bereich durch einen angemessenen juristischen Rahmen geregelt sein muss, sodass sie der menschlichen Freiheit in ihrer Gesamtheit dient: „Die wirtschaftliche Freiheit [ist] nur ein Element der menschlichen Freiheit (…). Wenn sie sich für autonom erklärt, das heißt, wenn der Mensch mehr als Produzent bzw. Konsument von Gütern, nicht aber als ein Subjekt gesehen wird, das produziert und konsumiert, um zu leben, dann verliert sie ihre notwendige Beziehung zum Menschen, den sie schließlich entfremdet und unterdrückt“.732
b) Das Handeln des Staates
351 Das Handeln des Staates und der andern öffentlichen Autoritäten muss sich nach dem Subsidiaritätsprinzip richten und Situationen schaffen, die eine freie Ausübung der wirtschaftlichen Aktivität begünstigen; es muss darüber hinaus auch vom Prinzip der Solidarität inspiriert sein und der Autonomie der Teile Grenzen setzen, um den Schwächsten zu schützen.733 Ohne Subsidiarität kann die Solidarität leicht zum Wohlfahrtsstaat entarten, während die Subsidiarität ohne Solidarität Gefahr läuft, Formen eines egoistischen Regionalismus zu fördern. Um diese beiden grundlegenden Prinzipien zu respektieren, darf das Eingreifen des Staates auf wirtschaftlichem Gebiet weder allzu aufdringlich noch allzu zurückhaltend sein, sondern muss sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Gesellschaft orientieren: „Der Staat hat die Pflicht, die Tätigkeit der Unternehmen dahingehend zu unterstützen, dass er Bedingungen für die Sicherstellung von Arbeitsgelegenheiten schafft. Er muss die Tätigkeit dort, wo sie sich als unzureichend erweist, anregen bzw. ihr in Augenblicken der Krise unter die Arme greifen. Der Staat hat des Weiteren das Recht einzugreifen, wenn Monopolstellungen die Entwicklung verzögern oder behindern. Aber außer diesen Aufgaben der Harmonisierung und Steuerung der Entwicklung kann er in Ausnahmefällen Vertretungsfunktionen wahrnehmen“.734
352 Die grundlegende Aufgabe des Staates im wirtschaftlichen Bereich besteht darin, einen juristischen Rahmen festzulegen, der geeignet ist, die ökonomischen Beziehungen zu regeln, um „die Grundvoraussetzung für eine freie Wirtschaft“ zu schaffen, „die in einer gewissen Gleichheit unter den Beteiligten besteht, sodass der eine nicht so übermächtig wird, dass er den anderen praktisch zur Sklaverei verurteilt“.735 Die wirtschaftliche Aktivität darf sich vor allem im Kontext eines freien Marktes in juristischer und politischer Hinsicht nicht in einem institutionellen Vakuum entfalten: „Im Gegenteil, sie setzt die Sicherheit der individuellen Freiheit und des Eigentums sowie eine stabile Währung und leistungsfähige öffentliche Dienste voraus“.736 Um seine Aufgabe zu erfüllen, muss der Staat eine geeignete Gesetzgebung erarbeiten; darüber hinaus aber hat er eine umsichtige Wirtschafts- und Sozialpolitik zu betreiben, ohne seine Macht im Hinblick auf die verschiedenen Aktivitäten des Marktes zu missbrauchen, die sich frei von strukturellen Überbauten und autoritären oder, schlimmer noch, totalitären Zwängen entfalten muss.
353 Markt und Staat müssen ihr Handeln aufeinander abstimmen und einander ergänzen. Der freie Markt kann der Gesamtheit nur dann Vorteile bringen, wenn von Seiten des Staates eine Organisation besteht, die die Richtung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmt und lenkt; die für die Einhaltung gerechter und durchschaubarer Regeln sorgt; die, aber nur solange dies unbedingt notwendig ist,737 auch direkt eingreift, wenn es dem Markt nicht gelingt, in puncto Effizienz die gewünschten Resultate zu erbringen, und wenn es gilt, das Prinzip der Umverteilung in die Tat umzusetzen. In manchen Bereichen ist der Markt nämlich nicht in der Lage, mit Hilfe seiner eigenen Mechanismen eine gerechte Verteilung einiger Güter und Dienstleistungen zu gewährleisten, die für das menschliche Wachstum der Bürger wesentlich sind: In diesem Fall ist es umso wichtiger, dass Staat und Markt einander ergänzen.
354 Der Staat kann die Bürger und die Unternehmen dazu anregen, das Gemeinwohl zu fördern, indem er für die Umsetzung einer Wirtschaftspolitik sorgt, die die Beteiligung aller seiner Bürger an den produktiven Tätigkeiten begünstigt. Die Achtung vor dem Subsidiaritätsprinzip muss die öffentlichen Autoritäten dazu veranlassen, Verhältnisse anzustreben, die die individuellen Kräfte der Initiative sowie der persönlichen Autonomie und Verantwortung der Bürger zur Entfaltung bringen, indem sie von jeder Intervention Abstand nehmen, die eine unangemessene Beeinflussung der unternehmerischen Kräfte darstellen könnte. Mit Blick auf das Gemeinwohl gilt es, immer und fest entschlossen das Ziel eines gerechten Gleichgewichts zwischen privater Freiheit und öffentlichem Handeln zu verfolgen, wobei letzteres entweder als ein direktes Eingreifen in die Wirtschaft oder auch als ein Tätigwerden verstanden werden kann, das die wirtschaftliche Entwicklung unterstützt. In jedem Fall muss sich das öffentliche Eingreifen nach Kriterien der Billigkeit, Rationalität und Effizienz richten und darf das Handeln Einzelner nicht unter Missachtung ihres Rechts auf freie wirtschaftliche Initiative überflüssig machen. Dann nämlich wird der Staat schädlich für die Gesellschaft: Ein direktes Eingreifen, das allzu tief in die gesellschaftlichen Strukturen eindringt, führt letztlich zur Entmündigung der Bürger und zu einem übermäßigen Wuchern des öffentlichen Apparats, der mehr von einer bürokratischen Logik als von dem Ziel gelenkt wird, die Bedürfnisse der Personen zu befriedigen.738
355 Die Steuereinnahmen und die öffentlichen Ausgaben sind für jede zivile und politische Gemeinschaft von entscheidender Bedeutung: Das Ziel, das angestrebt werden muss, ist ein öffentliches Finanzwesen, das geeignet ist, als ein Werkzeug der Entwicklung und Solidarität zu dienen. Ein angemessenes, effizientes und wirkungsvolles öffentliches Finanzwesen wirkt sich positiv auf die Wirtschaft aus, weil es das Beschäftigungswachstum fördert, die unternehmerischen Tätigkeiten und die nicht auf Profit ausgerichteten Initiativen unterstützt und dazu beiträgt, die Glaubwürdigkeit des Staates als eines Garanten sozialer Vorsorge- und Absicherungssysteme zu erhöhen, die vor allem zum Schutz der Schwächeren bestimmt sind. Das öffentliche Finanzwesen ist dann auf das Gemeinwohl ausgerichtet, wenn es sich an einige grundlegende Prinzipien hält: das Zahlen der Steuern739 als Aspekt der Solidaritätspflicht; Vernünftigkeit und Billigkeit bei der Auferlegung der Abgaben;740 Strenge und Integrität bei der Verwaltung und Verwendung der öffentlichen Ressourcen.741 Bei der Umverteilung der Ressourcen muss das öffentliche Finanzwesen den Prinzipien der Solidarität, der Gleichheit und der Nutzung der Talente folgen und der Unterstützung der Familien große Aufmerksamkeit sowie eine angemessene Menge von Ressourcen widmen.742
c) Die Rolle der Zwischengruppen
356 Das sozioökonomische System muss von einem Nebeneinander des öffentlichen und des privaten und auch des nicht auf Profit ausgerichteten privaten Handelns gekennzeichnet sein. Auf diese Weise bildet sich eine Vielzahl von Entscheidungszentren und Aktionsformen heraus. Es gibt einige Kategorien von kollektiven und gemeinnützigen Gütern, deren Gebrauch nicht von den Mechanismen des Markts abhängen darf743 und auch nicht der ausschließlichen Zuständigkeit des Staates unterliegt. Hinsichtlich dieser Güter besteht die Aufgabe des Staates eher darin, allen von Zwischenorganisationen in die Wege geleiteten öffentlich wirksamen Initiativen im sozialen oder wirtschaftlichen Be- reich Geltung zu verschaffen. Die in Zwischengruppen organisierte Zivilgesellschaft vermag zur Verwirklichung des Gemeinwohls beizutragen, indem sie mit dem Staat und dem Markt ein Verhältnis der Zusammenarbeit und der wirksamen Komplementarität eingeht und auf diese Weise die Entwicklung einer sinnvollen Wirtschaftsdemokratie begünstigt. In einem solchen Kontext muss das Eingreifen des Staates von wahrer Solidarität geprägt sein, die als solche niemals von der Subsidiarität getrennt werden darf.
357 Die privaten, nicht auf Profit ausgerichteten Organisationen nehmen im Bereich der Wirtschaft einen besonderen Platz ein. Diese Organisationen zeichnet der mutige Versuch aus, produktive Effizienz und Solidarität miteinander in Einklang zu bringen. Im Allgemeinen bilden sie sich auf der Grundlage eines vertraglichen Zusammenschlusses und sind Ausdruck eines gemeinsamen ideellen Strebens der Subjekte, die sich aus freiem Willen dazu entschließen, ihnen beizutreten. Der Staat ist dazu aufgerufen, die Eigenart dieser Organisationen zu respektieren und ihre charakteristischen Merkmale zur Geltung zu bringen, indem er das Prinzip der Subsidiarität konkret in die Praxis umsetzt, das ja gerade den Respekt und die Stärkung der Würde und autonomen Verantwortung des „subsidiär“ zu fördernden Subjekts verlangt.
d) Sparsamkeit und Konsum
358 Die Verbraucher, die in vielen Fällen deutlich über den eigentlichen Lebensunterhalt hinaus über eine weit gespannte Kaufkraft verfügen, können die wirtschaftliche Realität mit ihrer freien Wahl zwischen Sparsamkeit und Konsum merklich beeinflussen. Denn die Möglichkeit, Einfluss auf das wirtschaftliche System auszuüben, liegt in den Händen derer, die über die Verwendung ihrer eigenen finanziellen Mittel entscheiden müssen. Mehr als in der Vergangenheit ist es heute möglich, die verfügbaren Alternativen nicht nur auf der Basis des voraussichtlichen Ertrags oder der Größe des damit verbundenen Risikos einzuschätzen, sondern über die entsprechend zu finanzierenden Investitionen auch ein Werturteil zu fällen, in dem Bewusstsein, dass „eine Entscheidung, lieber an diesem als an jenem Ort, lieber in diesem und nicht in einem anderen Sektor zu investieren, immer auch eine moralische und kulturelle Entscheidung ist“.744
359 Die eigene Kaufkraft muss im Kontext der moralischen Forderungen der Gerechtigkeit und Solidarität sowie genau bestimmter sozialer Verantwortlichkeiten ausgeübt werden: Man darf „die Pflicht der Nächstenliebe“ nicht vergessen, „das heißt die Pflicht, mit dem eigenen »Überfluss« und bisweilen auch mit dem, was man selber »nötig« hat, zu helfen, um das bereitzustellen, was für das Leben des Armen unentbehrlich ist“.745 Diese Verantwortung gibt den Verbrauchern die Möglichkeit, dank des schnelleren Informationsaustauschs das Verhalten der Hersteller dadurch zu lenken, dass man sich – als Individuum oder Kollektiv – entscheidet, die Produkte mancher Unternehmen denen anderer vorzuziehen und dabei nicht nur auf die Preise und die Qualität der Produkte, sondern auch darauf zu achten, dass in den betreffenden Unternehmen korrekte Arbeitsbedingungen herrschen und ein gewisses Maß an Umweltschutz gewährleistet ist.
360 Das Phänomen des Konsumismus ist von einer dauerhaften Ausrichtung auf das „Haben“ statt auf das „Sein“ gekennzeichnet. Das macht es unmöglich, „die neuen und höheren Formen der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse einwandfrei von den neuen, künstlich erzeugten Bedürfnissen zu unterscheiden, die die Heranbildung einer reifen Persönlichkeit verhindern“.746 Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, ist es notwendig, „sich um den Auf bau von Lebensweisen zu bemühen, in denen die Suche nach dem Wahren, Schönen und Guten und die Verbundenheit mit den anderen für ein gemeinsames Wachstum jene Elemente sind, die die Entscheidungen für Konsum, Sparen und Investitionen bestimmen“.747 Die Lebensweise ist unleugbar durch das soziale Umfeld beeinflusst: Deshalb muss die kulturelle Herausforderung, die der Konsumismus heutzutage darstellt, mit größerer Entschlossenheit angegangen werden, und zwar vor allem im Hinblick auf die künftigen Generationen, die Gefahr laufen, in einem natürlichen Umfeld aufzuwachsen, das durch ein unmäßiges und ungeordnetes Konsumverhalten geplündert worden ist.748
V. DIE „RES NOVAE“ IN DER WIRTSCHAFT
a) Die Globalisierung: Chancen und Risiken
361 Unsere Zeit ist von dem vielschichtigen Phänomen der wirtschaftlichen und finanziellen Globalisierung gekennzeichnet, das heißt von einem Prozess, in dem die nationalen Volkswirtschaften auf der Ebene des Handels mit Gütern und Dienstleistungen und auf der Ebene der finanziellen Transaktionen immer stärker zusammenwachsen und eine immer größere Zahl von Mitwirkenden die notwendigen Entscheidungen hinsichtlich der Wachstumsund Gewinnchancen vor einem globalen Hintergrund treffen muss. Der neue Horizont der globalen Gesellschaft ist nicht einfach durch das Vorhandensein wirtschaftlicher und finanzieller Verbindungen zwischen Akteuren gegeben, die in verschiedenen Ländern tätig sind – die es im Übrigen immer gegeben hat –, sondern durch den alles durchdringenden und absolut neuen Charakter des Beziehungssystems, dessen Entwicklung wir gerade erleben. Von zunehmend entscheidender und zentraler Bedeutung sind dabei die Finanzmärkte, deren Ausmaße infolge der Liberalisierung des Austauschs und der Zirkulation des Kapitals mit beeindruckender Geschwindigkeit beträchtlich gewachsen sind und es den Beteiligten mittlerweile sogar ermöglichen, „in Echtzeit“ große Mengen von Kapital von einem Ende des Erdballs zum anderen zu verschieben. Es handelt sich um eine vielgestaltige und nicht leicht zu deutende Realität, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielt und sich auf schwer vorhersehbaren Wegen beständig weiterentwickelt.
362 Die Globalisierung gibt neuen Hoffnungen Nahrung, wirft jedoch auch beunruhigende Fragen auf.749 Sie kann Auswirkungen haben, die potentiell für die ganze Menschheit von Vorteil sind: Gemeinsam mit der sprunghaften Entwicklung der Telekommunikation hat das Wachstum der wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungssysteme gleichzeitig eine beträchtliche Kostensenkung im Bereich der Kommunikation und der neuen Technologien sowie eine Beschleunigung im Prozess der Ausweitung des globalen kommerziellen Austauschs und der finanziellen Transaktionen zur Folge gehabt. Mit anderen Worten: Die beiden Phänomene der wirtschaftlichen und finanziellen Globalisierung und des technologischen Fortschritts haben sich gegenseitig verstärkt und die Dynamik der gegenwärtigen wirtschaftlichen Phase in ihrer Gesamtheit extrem schnell werden lassen. Die Analyse der gegenwärtigen Situation macht nicht nur die Chancen sichtbar, die sich im Zeitalter der globalen Wirtschaft eröffnen, sondern zeigt auch die mit den neuen Dimensionen der kommerziellen und finanziellen Beziehungen verbundenen Risiken auf. Es fehlt nämlich nicht an Hinweisen, die eine Tendenz zur Verschärfung der Ungleichheiten zwischen entwickelten und Entwicklungsländern oder auch innerhalb der industrialisierten Länder offenbaren. Mit dem wachsenden wirtschaftlichen Reichtum, der durch die beschriebenen Prozesse möglich geworden ist, geht das Wachstum der dadurch bedingten Armut einher.
363 Die Sorge um das Gemeinwohl verpflichtet dazu, die neuen Gelegenheiten zu einer Umverteilung des Reichtums zwischen den verschiedenen Gebieten der Erde zugunsten derer zu ergreifen, die stärker benachteiligt und bisher außen vor geblieben sind oder am Rand des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts stehen:750 „Die Herausforderung besteht also darin, eine Globalisierung in Solidarität, eine Globalisierung ohne Ausgrenzung zu sichern“.751 Der technologische Fortschritt selbst bringt die Gefahr mit sich, dass seine eigenen, positiven Auswirkungen unter den Ländern ungerecht aufgeteilt werden. Denn die Innovationen können eine bestimmte Gesamtheit nur dann durchdringen und sich in ihrem Inneren ausbreiten, wenn ihre potentiellen Nutznießer ein Mindestmaß an Kenntnissen und finanziellen Ressourcen auf bieten können: Wenn die Länder in so unterschiedlichem Maß Zugang zu den wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen und den neuesten technologischen Produkten haben, dann liegt es auf der Hand, dass der Globalisierungsprozess die Ungleichheiten in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zwischen den Ländern nur noch verschärfen wird. Es liegt in der Natur der derzeit wirksamen Dynamismen, dass der freie Fluss des Kapitals an sich noch nicht ausreicht, um eine Annäherung zwischen den entwickelten und den Entwicklungsländern zu begünstigen.
364 Der Handel stellt einen grundlegenden Bestandteil der internationalen Wirtschaftsbeziehungen dar und trägt auf entscheidende Weise zur produktiven Spezialisierung und zum wirtschaftlichen Wachstum der verschiedenen Länder bei. Der internationale Handel fördert, wenn er die geeigneten Ziele anstrebt, heute mehr denn je die Entwicklung und kann neue Formen der Beschäftigung hervorbringen und nützliche Ressourcen freisetzen. Die Soziallehre hat wiederholt auf die Verzerrungen des internationalen Handelssystems hingewiesen,752 das die Produkte aus armen Ländern häufig aufgrund einer protektionistischen Politik diskriminiert und das Wachstum industrieller Aktivitäten und den Technologietransfer zugunsten dieser Länder behindert.753 Die beständige Verschlechterung im Austausch der Primärgüter und die Verschärfung der Ungleichheit zwischen reichen und armen Ländern hat das Lehramt dazu veranlasst, auf die Wichtigkeit der ethischen Kriterien hinzuweisen, nach denen sich die internationalen Wirtschaftsbestimmungen richten sollten: die Verwirklichung des Gemeinwohls und die allgemeine Bestimmung der Güter; die Billigkeit von Handelsbeziehungen; eine Politik des Handels und der internationalen Zusammenarbeit, die die Rechte und Bedürfnisse der Ärmeren berücksichtigt. Andernfalls werden „die armen Völker (…) immer ärmer, die reichen immer reicher“.754
365 Eine dem Globalisierungszeitalter angemessene Solidarität erfordert die Verteidigung der Menschenrechte. In dieser Hinsicht weist das Lehramt darauf hin, dass sich nicht nur „die Aussicht auf eine völkerrechtlich verankerte öffentliche Autorität im Dienste der Menschenrechte, der Freiheit und des Friedens, noch nicht zur Gänze verwirklicht [hat]. Man muss leider auch ein häufiges Zögern der internationalen Gemeinschaft bei der Pflicht, die Menschenrechte zu achten und umzusetzen, feststellen. Diese Verpflichtung betrifft alle Grundrechte und duldet keine willkürlichen Auswahlentscheidungen, die Formen der Diskriminierung und Ungerechtigkeit mit sich bringen würden. Zugleich sind wir Zeugen davon, dass sich eine besorgniserregende Schere zwischen einer Reihe neuer »Rechte«, die in den hoch technisierten Gesellschaften gefördert werden, und den elementaren Menschenrechten auftut, denen vor allem in unterentwickelten Gebieten immer noch nicht voll Genüge geleistet wird. Ich denke beispielsweise an das Recht auf Nahrung, auf Trinkwasser, auf Unterkunft, auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit“.755
366 Mit der zunehmenden Globalisierung muss von Seiten der Organisationen der Zivilgesellschaft ein reiferes Bewusstsein für die neuen Aufgaben einhergehen, zu denen sie auf weltweitem Niveau berufen sind. Auch dank eines entschiedenen Handelns dieser Organisationen wird es möglich sein, den gegenwärtigen weltweiten wirtschaftlichen und finanziellen Wachstumsprozess in einen Horizont einzuordnen, der eine tatsächliche Achtung der Menschen- und Völkerrechte und eine gerechte Aufteilung der Ressourcen innerhalb eines jeden Landes und zwischen verschiedenen Ländern garantiert: „Der freie Austausch von Gütern ist nur dann recht und billig, wenn er mit den Forderungen der sozialen Gerechtigkeit übereinstimmt“.756 Besondere Aufmerksamkeit muss den örtlichen Besonderheiten und den kulturellen Unterschieden gelten, die durch die derzeitigen wirtschaftlichen und finanziellen Prozesse gefährdet sind: „Die Globalisierung darf keine neue Form des Kolonialismus sein. Sie muss die Verschiedenheit der Kulturen achten, die innerhalb der universalen Harmonie der Völker die Interpretationsschlüssel des Lebens darstellen. Insbesondere darf sie die Armen nicht ihrer kostbarsten Habe berauben, einschließlich ihres Glaubens und ihrer religiösen Praktiken, denn echte religiöse Überzeugungen sind der deutlichste Ausdruck der menschlichen Freiheit“.757
367 In der Epoche der Globalisierung muss die Solidarität der Generationen untereinander mit allem Nachdruck unterstrichen werden: „Früher war die Solidarität zwischen den Generationen in vielen Ländern eine natürliche innere Haltung in den Familien; sie ist inzwischen auch zu einer Pflicht für die Gemeinschaft geworden“.758 Es ist gut, dass diese Solidarität auch weiterhin in den nationalen politischen Gemeinschaften angestrebt wird, doch das Problem stellt sich heute auch für die weltweite politische Gemeinschaft, damit die Globalisierung nicht auf Kosten der Bedürftigsten und Schwächsten verwirklicht wird. Die Solidarität der Generationen untereinander setzt voraus, dass in der globalen Planung nach dem Prinzip der allgemeinen Bestimmung der Güter gehandelt wird, aufgrund dessen es in moralischer Hinsicht unzulässig und in wirtschaftlicher Hinsicht kontraproduktiv ist, die derzeitigen Kosten auf die künftigen Generationen abzuwälzen: moralisch unzulässig, weil man so seiner Verantwortungspflicht nicht nachkommt; wirtschaftlich kontraproduktiv, weil es kostspieliger ist, Schäden im Nachhinein auszubessern, als ihnen vorzubeugen. Dieses Prinzip muss vor allem – wenn auch nicht ausschließlich – auf den Bereich der Bodenschätze und der Bewahrung der Schöpfung angewandt werden, der durch die Globalisierung besonders empfindlich geworden ist, da diese den ganzen Planeten als ein einziges Ökosystem betrifft.759
b) Das internationale Finanzsystem
368 Die Finanzmärkte sind natürlich keine Erfindung unserer Epoche: Schon seit langer Zeit haben sie in vielfältigen Formen die Aufgabe übernommen, auf die Forderungen der Finanzierung produktiver Aktivitäten zu reagieren. Die historische Erfahrung belegt, dass es ohne geeignete Finanzsysteme kein wirtschaftliches Wachstum gegeben hätte. Die für die modernen Marktwirtschaften typischen umfangreichen Investitionen wären nicht möglich gewesen, wenn die Finanzmärkte mit ihrer grundlegenden Vermittlerrolle nicht ein Bewusstsein dafür geschaffen hätten, dass das Sparen sich positiv auf die Gesamtentwicklung des wirtschaftlichen und sozialen Systems auswirkt. Wenn die Schaffung dessen, was als der „globale Kapitalmarkt“ bezeichnet worden ist, dadurch, dass die produktiven Aktivitäten dank der größeren Beweglichkeit des Kapitals leichter über Ressourcen verfügen konnten, Vorteile mit sich gebracht hat, so hat dieselbe größere Beweglichkeit auf der anderen Seite auch das Risiko von Finanzkrisen steigen lassen. Die Entwicklung des Finanzwesens, dessen Transaktionen den Umfang der realen Transaktionen schon längst hinter sich gelassen haben, läuft Gefahr, einer immer stärker auf sich selbst bezogenen Logik zu folgen, die nicht mehr auf dem Boden der wirtschaftlichen Realität steht.
369 Eine Finanzwirtschaft, die zum Selbstzweck wird, ist dazu bestimmt, ihren Zielsetzungen zu widersprechen, weil sie sich von ihren eigenen Wurzeln und dem eigentlichen Grund ihres Bestehens, das heißt von ihrer ursprünglichen und wesentlichen Aufgabe löst, der realen Wirtschaft und damit letztlich der Entwicklung der menschlichen Personen und Gemeinschaften zu dienen. Noch besorgniserregender wird der Gesamtrahmen, wenn man sich die stark asymmetrische Struktur vor Augen hält, die das internationale Finanzsystem kennzeichnet: Nur in einigen Teilen der Welt zeichnet sich eine Konsolidierung der Innovationsund Deregulierungsprozesse auf den Finanzmärkten ab. Das gibt zu gravierenden ethischen Befürchtungen Anlass, denn die Länder, die von den ge- nannten Prozessen ausgeschlossen sind, kommen nicht nur nicht in den Genuss der mit diesen verbundenen Vorteile, sondern sind nicht einmal vor den eventuellen negativen Auswirkungen der finanziellen Instabilität auf ihre realen Wirtschaftssysteme geschützt, vor allem dann, wenn diese ohnehin schon anfällig und unterentwickelt sind.760 Angesichts der unvermittelten Beschleunigung von Prozessen wie der enormen Wertsteigerung der von den Finanzinstitutionen verwalteten Wertpapierbestände und der rasch um sich greifenden neuen und ausgefeilten Finanzinstrumente ist es umso wichtiger, institutionelle Lösungen zu finden, die die Stabilität des Systems wirksam fördern können, ohne seine Leistungsfähigkeit und Effizienz zu verringern. Es ist unerlässlich, einen normativen Rahmen zu schaffen, der es möglich macht, diese Stabilität in all ihren vielschichtigen Ausdrucksformen zu schützen, die Konkurrenz zwischen den Vermittlungsinstituten zu stärken und die größtmögliche Transparenz zum Nutzen der Investoren zu gewährleisten.
c) Die Rolle der internationalen Gemeinschaft in der Epoche der globalen Wirtschaft
370 Der Verlust der zentralen Bedeutung der staatlichen Akteure muss mit verstärkten Bemühungen der internationalen Gemeinschaft einhergehen, in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht eine entscheidende und richtunggebende Rolle zu spielen. Eine wichtige Folge des Globalisierungsprozesses besteht nämlich darin, dass der Nationalstaat im Hinblick auf die Lenkung der nationalen wirtschaftlichen und finanziellen Dynamismen zunehmend an Wirksamkeit verliert. Die Regierungen der einzelnen Länder sehen ihr eigenes Handeln im wirtschaftlichen und sozialen Bereich zunehmend von den Erwartungen der internationalen Finanzmärkte und den immer drängenderen Forderungen der Glaubwürdigkeit von Seiten der Finanzwelt beeinflusst. Aufgrund der neuen Verbindungen zwischen den weltweit Tätigen scheinen die traditionellen Verteidigungsmaßnahmen der Staaten zum Scheitern verurteilt, und der Begriff des nationalen Marktes selbst tritt angesichts der neuen Wettbewerbsbereiche in den Hintergrund.
371 Je vielschichtiger das weltweite Wirtschafts- und Finanzsystem in organisatorischer und funktioneller Hinsicht wird, desto vorrangiger wird die Aufgabe, diese Prozesse zu regulieren und sie auf das Gemeinwohl der Menschheitsfamilie auszurichten. Konkret gesprochen ergibt sich die Notwendigkeit, dass neben den Nationalstaaten die internationale Gemeinschaft selbst diese heikle Aufgabe übernehmen und sich dabei angemessener und wirksamer politischer und rechtlicher Mittel bedienen muss. Es ist folglich unerlässlich, dass die internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen die geeignetsten Lösungen finden und die zweckmäßigsten Handlungsstrategien entwerfen, um eine Veränderung in die richtigen Bahnen zu lenken, die, wenn man sich ihr passiv unterwerfen und sie sich selbst überlassen würde, dramatische Folgen hervorrufen würde, von welchen vor allem die schwächsten und schutzlosesten Schichten der Weltbevölkerung betroffen wären. In den internationalen Organisationen müssen die Interessen der großen Menschheitsfamilie in rechter Weise vertreten sein; es ist notwendig, dass diese Institutionen „bei der Einschätzung der Folgen ihrer Entscheidungen stets jene Völker und Länder entsprechend berücksichtigen, die auf dem internationalen Markt kaum ins Gewicht fallen, sondern in denen sich die schlimmste und bitterste Not ansammelt und die größere Entwicklungshilfe nötig haben“.761
372 Wie die Wirtschaft muss auch die Politik ihren eigenen Aktionsradius über die nationalen Grenzen hinaus ausdehnen und rasch jene weltweite Dimension des Handelns erreichen, die es ihr erlaubt, die ablaufenden Prozesse nicht nur nach ökonomischen, sondern auch nach moralischen Parametern zu steuern. Das grundlegende Ziel wird sein, diese Prozesse so zu lenken, dass die Achtung der Würde des Menschen und die vollständige Entfaltung seiner Persönlichkeit im Ge- samtzusammenhang des Gemeinwohls gewährleistet sind.762 Diese Aufgabe zu übernehmen schließt das Bemühen mit ein, die Stabilisierung der bestehenden Institutionen und die Schaffung neuer Organe zu beschleunigen, denen diese Verantwortlichkeiten anvertraut werden können.763 Denn die wirtschaftliche Entwicklung kann von Dauer sein, wenn sie sich innerhalb eines fest umrissenen Rahmens von Normen und eines weit gefassten Spektrums des moralischen, zivilen und kulturellen Wachstums der gesamten Menschheitsfamilie entfaltet.
d) Eine umfassende und solidarische Entwicklung
373 Eine der grundlegenden Aufgaben der Handlungsträger der internationalen Wirtschaft ist die Verwirklichung einer umfassenden und solidarischen Entwicklung für die Menschheit, das heißt für „jeden Menschen und den ganzen Menschen“.764 Diese Aufgabe setzt ein Verständnis der Wirtschaft voraus, das eine gerechte Verteilung der Ressourcen auf internationaler Ebene gewährleistet und dem Bewusstsein der wechselseitigen – wirtschaftlichen, politischen und kulturellen – Abhängigkeit entspricht, die die Völker nunmehr endgültig aneinander bindet und zu Gefährten ein und desselben Schicksals macht.765 Immer mehr nehmen die gesellschaftlichen Probleme weltweite Dimensionen an. Kein Staat kann sich ihnen alleine stellen und sie alleine lösen wollen. Die Generationen der Gegenwart erfahren die Notwendigkeit der Solidarität und das konkrete Bedürfnis, die individualistische Kultur zu überwinden, am eigenen Leib.766 Immer lauter wird die Forderung nach Entwicklungsmodellen, deren Ziel nicht nur darin besteht, „alle Völker auf das Niveau zu heben, dessen sich heute die reichsten Länder erfreuen. Es geht vielmehr darum, in solidarischer Zusammenarbeit ein menschenwürdigeres Leben aufzubauen, die Würde und Kreativität jedes einzelnen wirksam zu steigern, seine Fähigkeit, auf seine Berufung und damit auf den darin enthaltenen Anruf Gottes zu antworten“.767
374 Eine menschlichere und solidarischere Entwicklung wird auch den reichen Ländern helfen. Sie „spüren häufig eine Art existentieller Verwirrung, eine Unfähigkeit, zu leben und sich am Sinn des Lebens zu erfreuen, und das trotz der sie im Überfluss umgebenden materiellen Güter, eine Entfremdung und einen Verlust des eigenen Menschseins in vielen Personen, die sich auf die Rolle eines Rädchens im Mechanismus von Produktion und Konsum beschränkt fühlen und keinen Weg finden, ihre eigene Würde als Menschen, die nach Gottes Bild und Ähnlichkeit geschaffen sind, zu bejahen“.768 Die reichen Länder haben ihre Fähigkeit, materiellen Wohlstand hervorzubringen, unter Beweis gestellt – doch häufig auf Kosten des Menschen und der schwächeren gesellschaftlichen Schichten: „Man darf nicht übersehen, dass die Grenzen zwischen Reichtum und Armut durch die verschiedenen Gesellschaften selber verlaufen, und dies sowohl in den Industrieländern als auch in den Entwicklungsländern. Wie es nämlich soziale Ungleichheiten bis zu den Stufen des Elends auch in reichen Ländern gibt, so beobachtet man entsprechend in den weniger entwickelten Ländern nicht selten Zeichen von Egoismus und Zurschaustellung von Reichtum, die ebenso empörend wie skandalös sind“.769
e) Die Notwendigkeit verstärkter erzieherischer und kultureller Anstrengung
375 Für die Soziallehre ist die Wirtschaft „nur ein Aspekt und eine Dimension der Vielfalt des menschlichen Handelns. Wenn sie verabsolutiert wird, wenn die Produktion und der Konsum der Waren schließlich die Mitte des gesellschaftlichen Lebens einnehmen und zum einzigen Wert der Gesellschaft werden, der keinem anderen mehr untergeordnet wird, so ist die Ursache dafür nicht allein und nicht so sehr im Wirtschaftssystem selbst als in der Tatsache zu suchen, dass das ganze soziokulturelle System mit der Vernachlässigung der sittlichen und religiösen Dimension versagt hat und sich nunmehr allein auf die Produktion von Gütern und Dienstleistungen beschränkt“.770 Wie das gesellschaftliche Leben der Gesamtheit darf auch das Leben des Menschen nicht auf eine materialistische Dimension beschränkt werden, auch wenn die materiellen Güter zum Zweck des bloßen Überlebens wie auch im Hinblick auf eine Verbesserung des Lebensstandards äußerst wichtig sind: „Grundlage ist für jede umfassende Entwicklung der menschlichen Gesellschaft, den Sinn für Gott und die Selbsterkenntnis zu fördern“.771
376 Angesichts des raschen technischen und ökonomischen Fortschritts und der ebenso raschen Veränderlichkeit der Produktions- und Konsumprozesse weist das Lehramt auf die Notwendigkeit einer großen erzieherischen und kulturellen Anstrengung hin: „Die Nachfrage nach einem qualitativ befriedigenderen und reicheren Leben ist an sich berechtigt. Man muss dabei aber die neue Verantwortung und die neuen Gefahren unterstreichen, die mit dieser geschichtlichen Phase zusammenhängen. (…) Bei der Entdeckung neuer Bedürfnisse und neuer Möglichkeiten, sie zu befriedigen, muss man sich von einem Menschenbild leiten lassen, das alle Dimensionen seines Seins berücksichtigt und die materiellen und triebhaften den inneren und geistigen unterordnet. (…) Es braucht daher dringend ein groß angelegtes erzieherisches und kulturelles Bemühen, das die Erziehung der Konsumenten zu einem verantwortlichen Verbraucherverhalten, die Weckung eines hohen Verantwortungsbewusstseins bei den Produzenten und vor allem bei den Trägern der Kommunikationsmittel sowie das notwendige Eingreifen der staatlichen Behörden umfasst“.772
683 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Laborem exercens, 25–27: AAS 73 (1981) 638–647. 684 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 31: AAS 80 (1988) 554–555. 685 Vgl. Hermas, Pastor, Liber Tertium, Similitudo I:PG2, 954. 686 Clemens von Alexandrien, Quis dives salvetur, 13: PG 9, 618. 687 Vgl. Johannes Chrysostomus, Homiliae XXI de Statuis ad populum Antiochenum habitae,2, 6–8:PG49, 41–46. 688 Basilius der Große, Homilia in illud Lucae, Destruam horrea mea,5: PG 31, 271. 689 Vgl. Basilius der Große, Homilia in illud Lucae, Destruam horrea mea,5: PG 31, 271. 690 Vgl. Gregor der Große, Regula pastoralis, 3, 21: PL 77, 87–89. § 21 ist so überschrieben: „Quomodo admonendi qui aliena non appetunt, sed sua retinent; et qui
sua tribuentes, aliena tamen rapiunt“. 691 Pius XI., Enz. Quadragesimo anno: AAS 23 (1931) 190–191. 692 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 68: AAS 60 (1966) 1084. 693 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche,2426. 694 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 40: AAS 80 (1988) 568–569. 695 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 36: AAS 80 (1988) 561. 696 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 65: AAS 58 (1966) 1086–1087. 697 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 32: AAS 80 (1988) 556–557. 698 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 41: AAS 83 (1991) 844. 699 Vgl. Johannes Paul II., Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 2000,15–16: AAS 92 (2000) 366–367. 700 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 28: AAS 80 (1988) 548. 701 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 42: AAS 83 (1991) 845–846. 702 Katechismus der Katholischen Kirche, 2429;
vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 63: AAS 58 (1966) 1084–1085; Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 48: AAS 83 (1991) 852–854; Id., Enz. Sollicitudo rei socialis, 15: AAS 80 (1988)528–530;
Id., Enz. Laborem exercens, 17: AAS 73 (1981) 620–622; Johannes XXIII., Enz. Mater et magistra: AAS 53 (1961) 413–415. 703 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 15: AAS 80 (1988) 529; vgl. Katechis- mus der Katholischen Kirche,2429. 704 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 16: AAS 83 (1991) 813–814. 705 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 32: AAS 83 (1991) 833. 706 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 32: AAS 83 (1991) 833. 707 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 43: AAS 83 (1991) 847. 708 Vgl. Johannes XXIII., Enz. Mater et magistra: AAS 53 (1961) 422–423. 709 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 35: AAS 83 (1991) 837. 710 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2424. 711 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 35: AAS 83 (1991) 837. 712 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 43: AAS 83 (1991) 846–848. 713 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 38: AAS 83 (1991) 841. 714 Katechismus der Katholischen Kirche,2269. 715 Katechismus der Katholischen Kirche,2438. 716 Johannes Paul II., Ansprache während der Generalaudienz (4. Februar 2004), 3: L’Osservatore Romano, 5. Februar 2004, S. 4. 717 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 17: AAS 80 (1988) 532. 718 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 32: AAS 83 (1991) 833. 719 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2432. 720 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 35: AAS 83 (1991) 837. 721 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 32–33: AAS 83 (1991) 832–835. 722 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Laborem exercens, 19: AAS 73 (1981) 625–629. 723 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 36: AAS 83 (1991) 838. 724 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 36: AAS 83 (1991) 840. 725 Im Hinblick auf den Gebrauch der Ressourcen verweist die Soziallehre der Kirche auf ihre Äußerungen zur allgemeinen Bestimmung der Güter und zum Privateigentum; vgl. Viertes Kapitel, III. 726 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 34: AAS 83 (1991) 835. 727 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 40: AAS 83 (1991) 843. 728 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 41: AAS 83 (1991) 843–845. 729 Vgl. Paul VI., Enz. Octogesima adveniens, 41: AAS 63 (1971) 429–430. 730 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 34: AAS 83 (1991) 835–836. 731 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 40: AAS 83 (1991) 843;
vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2425. 732 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 39: AAS 83 (1991) 843. 733 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 15: AAS 83 (1991) 811–813. 734 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 48: AAS 83 (1991) 853; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2431. 735 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 15: AAS 83 (1991) 811. 736 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 48: AAS 83 (1991) 852–853; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2431. 737 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 48: AAS 83 (1991) 852–854. 738 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 48: AAS 83 (1991) 852–854. 739 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et spes, 30: AAS 58 (1966) 1049–1050. 740 Vgl. Johannes XXIII., Enz. Mater et magistra: AAS 53 (1961) 433–434, 438. 741 Vgl. Pius XI., Enz. Divini Redemptoris: AAS 29 (1937) 103–104. 742 Vgl. Pius XII., Rundfunkbotschaft zur 50-Jahrfeier des Rundschreibens „Rerum novarum“:AAS 33 (1941) 202; Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 49: AAS 83 (1991) 854–856; Id., Ap. Schr. Familiaris consortio, 45: AAS 74 (1982) 136–137. 743 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 40: AAS 83 (1991) 843. 744 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 36: AAS 83 (1991) 839–840. 745 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 36: AAS 83 (1991) 839. 746 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 36: AAS 83 (1991) 839. 747 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 36: AAS 83 (1991) 839. 748 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus,37: AAS 83(1991) 840. 749 Vgl. Johannes Paul II., Ap. Schr. Ecclesia in America, 20: AAS 91 (1999) 756. 750 Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Mitglieder der vatikanischen Stiftung „Centesimus Annus“ (9. Mai 1998), 2: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, XXI, 1 (1998) 873–874. 751 Johannes Paul II., Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 1998, 3: AAS 90 (1998) 150. 752 Vgl. Paul VI., Enz. Populorum progressio, 61: AAS 59 (1967) 287. 753 Vgl. Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 43: AAS 80 (1988) 574–575. 754 Paul VI., Enz. Populorum progressio, 57: AAS 59 (1967) 285. 755 Johannes Paul II., Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 2003, 5: AAS 95 (2003) 343. 756 Paul VI., Enz. Populorum progressio, 59: AAS 59 (1967) 286. 757 Johannes Paul II., Ansprache an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften (27. April 2001), 4: AAS 93 (2001) 600. 758 Johannes Paul II., Ansprache an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften (11. April 2002), 3: AAS 94 (2002) 525. 759 Vgl. Johannes Paul II., Ansprache bei der Audienz für die ACLI (27. April 2002), 4: L’Osservatore Romano, 28. April 2002, S. 5. 760 Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften (25. April 1997), 6: AAS 90 (1998) 141–142. 761 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 58: AAS 83 (1 991) 864. 762 Vgl. Paul VI., Enz. Octogesima adveniens, 43–44: AAS 63 (1971) 431–433. 763 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2440; Paul VI., Enz. Populorum progressio, 78: AAS 59 (1967) 295; Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 43: AAS 80 (1988) 574–575. 764 Paul VI., Enz. Populorum progressio, 14: AAS 59 (1967) 264. 765 Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 2437–2438. 766 Johannes Paul II., Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 2000,13–14: AAS 92 (2000) 365–366. 767 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 58: AAS 29 (1991) 828–829; vgl. Paul VI.,Enz. Populorum progressio, 40–42: AAS 59 (1967) 277–278. 768 Johannes Paul II., Ansprache zum 1. Mai 1991: Insegnamenti di Giovanni Paolo II,XIV, 1 (1991) 1985–1991; vgl. Id., Enz. Sollicitudo rei socialis, 9: AAS 80 (1988) 520–523. 769 Johannes Paul II., Enz. Sollicitudo rei socialis, 14: AAS 80 (1988) 526–527. 770 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 39: AAS 83 (1991) 842. 771 Katechismus der Katholischen Kirche, 2441. 772 Johannes Paul II., Enz. Centesimus annus, 36: AAS 83 (1991) 838–839.